JAHNZ E I T 14 AUSGAB E NOVEMB E R 2021
Freust du dich auch darauf, Fußball einmal wieder anzu-schauen,
ohne den Job im Kopf zu haben, ohne einen Spie-ler
zu beobachten, ohne Verantwortung zu tragen?
Darauf freue ich mich in Bezug auf Fußball tatsächlich am
meisten, mir einfach mal ein Jahn Spiel anzuschauen, ohne
die Verantwortung für alles zu tragen, was hier passiert. Ich
habe diese zwar sehr gerne getragen, aber ich weiß auch,
dass ich mir das Spiel befreiter anschauen werde, wenn ich
sie nicht mehr trage. Du nimmst in dieser Funktion Gedanken
immer mit und es hört eigentlich nie auf, dass du dir gewisse
Gedanken machst. Aber jetzt hört es dann auf.
Du hast auch schon gesagt, dass du dich darauf freust, wie-der
einmal ein Spiel in der Fankurve anzuschauen. Wo wird
das sein? Auf der Hans Jakob Tribüne dürfte es zumindest
vorerst schwer werden…
Vielleicht mit etwas Abstand dann schon. Ich werde mir aber
sicher einmal eines der Auswärtsspiele des Jahn im Gäste-fanblock
anschauen. Das habe ich fest vor.
Wird man dich in Zukunft öfter mal wieder im Jahnstadion
Regensburg sehen oder bleibst du erst einmal bewusst weg?
Nach dem Heimspiel gegen Rostock wird man mich hier erst
mal eine Zeit lang nicht mehr sehen. Nicht, weil ich nicht ger-ne
kommen würde, sondern weil ich es als richtig und wich-tig
empfinde, dass dann nicht mehr mein Kopf und daran
gekoppelte Gesprächsthemen hier weiter omnipräsent sind.
Wenn ein bisschen Zeit vorbei ist, die neuen Rädchen gut in-einandergreifen
und ich wirklich nur noch Gast bin, komme
ich natürlich sehr gerne wieder.
Blicken wir grundsätzlich auf deinen Abschied vom Jahn.
Warum siehst du jetzt den richtigen Zeitpunkt, den Verein
zu verlassen?
Aus einer jahnbezogenen Sicht finde ich es richtig, die Ver-antwortung
nun auf mehr als zwei Schultern zu legen, um
dem großen Wachstum, das wir seit Sommer 2013 hingelegt
haben, gerecht zu werden. Wir sind enorm gewachsen von
einem Gesamthaushalt von knapp über drei Mio. Euro auf
einen Umsatz zu Vor-Pandemiezeiten von 24,5 Mio. Euro. Das
heißt, der Jahn ist rein monetär bemessen knapp achtmal grö-ßer
als er es einmal war. Das bringt neue Aufgaben mit sich.
Um diesen vollumfänglich gerecht zu werden, ist es struktu-rell
richtig, diese Aufgaben auf zwei Köpfe zu verlagern. Die
persönliche Begründung ist, dass die Ziele, die ich mir für die
Entwicklung des Jahn bei meinem Amtsantritt gesetzt habe,
erfüllt sind. Das heißt nicht, dass sich der Jahn nicht mehr ent-wickeln
kann. Ganz im Gegenteil: Der Jahn hat noch viele Ent-wicklungsschritte
vor sich, wenn er sein Standortpotenzial in
Gänze abschöpfen möchte. Das sind tolle Herausforderungen,
die dann meine Nachfolger federführend mit den Mitarbeitern
gemeinsam angehen dürfen.
In einem Interview vor ein paar Jahren hast du einmal ge-sagt,
du hättest noch kein gutes Gefühl dabei, wenn du den
Jahn verlassen würdest. Warum ist dieses Gefühl jetzt gut?
Das Gefühl ist insgesamt wirklich sehr gut. Es ist rational
betrachtet richtig, jetzt zu gehen. Natürlich tut mir der
Abschied andererseits aber auch sehr weh, weil der Jahn
über 8,5 Jahre mein zentraler Lebensinhalt war. Das kann
ich nicht einfach so von heute
auf morgen ablegen. Warum ist
jetzt ein guter Zeitpunkt? Zum
einen ist der Jahn schon seit ein
paar Jahren Altlasten-frei. Er hat
in den vergangenen Jahren aber
auch Substanz aufgebaut – und
das trotz Pandemie. Das heißt, wir
haben uns etwas Speck angefut-tert.
Wenn, und das wird im Fuß-ball
so sein, wieder einmal eine
sportliche Delle kommen sollte,
dann wäre der Jahn in der Lage,
darauf wirtschaftlich reagieren
zu können. In der Kapitalgesell-schaft
haben wir eine Eigenkapi-talquote
von fast 80 Prozent, was
wirklich immens ist. Wir haben
gar keine Verbindlichkeiten ge-genüber
Banken oder sonstigen
Kreditgebern mehr. Neben der
wirtschaftlichen Substanz haben
wir eine hochwertige Infrastruk-tur
geschaffen. Das Trainingsge-lände
für die Profis erfüllt alle
zeigemäßen Anforderungen. Dar-über
hinaus haben wir eine sehr
homogene, kompetente Beleg-schaft
auf allen Ebenen, wobei
sich die Größe der Belegschaft,
seit ich hier bin, nahezu vervier-facht
hat. Trotz des Wachstums
harmonieren die Mitarbeiter auf
der Geschäftsstelle exzellent
miteinander. Das gilt auch für
das Trainerteam, für die Mann-schaft
und den Nachwuchs. Des-halb
fühlt es sich auch mit Blick
auf die personelle Perspektive
sehr rund an, jetzt zu gehen. Ein
weiterer wesentlicher Punkt: Ich
habe ein gutes Gefühl in Bezug
auf die gesellschaftliche Veran-kerung
des Jahn, weil auch da die
Pandemie etwas gezeigt hat: Eine
Solidarität mit und ein Wohlwol-len
gegenüber dem Jahn, das vor
ein paar Jahren noch undenkbar
gewesen wäre. Es ist ein breites
Fundament vorhanden, exemp-larisch
möchte ich hier unsere
rund 400 Sponsoren und fast
130 Vereinspartner erwähnen.