JAHNZ E I T 39 AUSGAB E JANUAR 2022
Fragen an…
Benedikt Pichler
Jahnzeit: Herr Pichler, Sie sind erst am Ende der Sommer-transferperiode
von Austria Wien zu Holstein Kiel gewech-selt,
dennoch gelang die Umstellung auf ein neues Team
und eine neue Liga scheinbar sehr gut. Wie haben Sie die-sen
Wechsel so gut hinbekommen?
Benedikt Pichler: Nachdem ich im Frühjahr bei der Austria
durch eine etwas längere Zwangspause, eine Corona-Erkran-kung
und fünf Spiele Sperre nach einer roten Karte, etwas zu
kämpfen hatte, musste ich über den Sommer wieder etwas
aufholen. Aber das ist mir ganz gut gelungen. In Kiel war es
dann das erste Mal nach dieser Phase im Frühjahr, dass ich
wieder Vertrauen gespürt habe. Dann ist es für einen Spieler
natürlich immer leichter, befreit aufzuspielen.
Was sind denn die großen Unterschiede zwischen dem Fuß-ball
in Österreich und in der 2. Bundesliga in Deutschland?
Es ist jedenfalls ein anderer Fußball, der gespielt wird. Ein
taktischerer Fußball. Ich würde es in Deutschland als ein biss-chen
physischer bezeichnen. Dazu beeindruckt der deutsche
Fußball mit seinen Stadien, den Fans und der Ernsthaftigkeit,
denn der Stellenwert des Fußballs ist hier schon noch einmal
ein anderer als in Österreich.
Sie haben bis zum Sommer nur in Ihrer Heimat Österreich
Fußball gespielt. Vermissen Sie etwas von daheim im ho-hen
Norden?
Ich fühle mich hier schon sehr wohl im Norden. Kiel bietet
eine hohe Lebensqualität, es ist eine Studenten-Stadt am
Meer mit guten Cafes und Lokalen. Und Kiel selbst bietet we-nig
Ablenkungen, man kann hier in Ruhe arbeiten und sich
voll und ganz auf Fußball konzentrieren. Wenn überhaupt,
dann vermisse ich die österreichische Küche und natürlich
die Berge.
Haben Sie sich auch sprachlich sofort gut integrieren
können?
Mich verstehen hier alle, auch wenn mal über das ein oder
andere Wort geschmunzelt wird. Aber da gibt es keinerlei
Probleme.
Mit einer Ausnahme (im Heimspiel gegen St. Pauli) waren
all Ihre Tore bislang Treffer zum Ausgleich oder zur Füh-rung
und haben sich unter dem Strich entscheidend auf die
Resultate ausgewirkt. Sind Sie der Mann für die wichtigen
Tore bei Holstein Kiel?
Ich freue mich natürlich, dass es bislang so gut hinhaut und
ich das Vertrauen des Vereins schon mit wichtigen Toren zu-rückzahlen
konnte. Trotzdem: Es ist sicher noch einiges an
Luft nach oben. Denn wir befinden uns immer noch in einem
Prozess nach dem Trainerwechsel. Es fehlt noch eine gewisse
Abgestimmtheit, die Laufwege der Mitspieler blind zu ken-nen.
Das würde unserem Spiel als Mannschaft gut tun, aber
sicher auch mir individuell, damit man noch mehr Aktionen
hat, vielleicht noch mehr Bälle kriegt und dann auch weiß,
wohin man sie spielt, ohne überhaupt schauen zu müssen.
Da sind wir als Mannschaft aber auf einem guten Weg, die
Automatismen greifen mehr und mehr.
Bei Ihren früheren Stationen SV Grödig und Austria Klagen-furt
haben Sie mit Jahn Verteidiger Scott Kennedy zusam-mengespielt
und sich damals gut verstanden. Gibt es eine
Anekdote, an die Sie sich besonders gerne erinnern?
Ich habe mit „Scotty“ einige schöne Momente er-lebt.
Wir haben uns praktisch gegenseitig auf
den Weg in den Profifußball begleitet. Wir sind
nach wie vor gute Freunde und im Kontakt. Ich
weiß noch, dass wir uns immer gerne duelliert
haben, wer der Schnellere von uns beiden ist.
Vielleicht können wir es diesmal endlich in
einem Spiel austesten. Damals habe ich ver-sucht,
ihm einige österreichische Worte näher
zu bringen, ich hoffe er hat sie nicht verlernt,
dann wären meine Mühen nämlich umsonst
gewesen. Ich weiß nur, dass ich immer
gerne Holundersaft getrunken habe
und er das nach einiger Zeit mit dem
Wort „Holländersaft“ bestellt hat.
Seitdem haben wir immer zwei Hol-ländersäfte
bestellt!
Freuen Sie sich nun auf das di-rekte
Aufeinandertreffen auf
dem Platz und haben Sie sich
etwas Besonderes gegen Ih-ren
ehemaligen Teamkollegen
vorgenommen?
Ja, ich hoffe natürlich, dass wir uns
am Platz begegnen werden. Und falls
es zu einem Laufduell oder einem
Dribbling gegen ihn kommt, will ich
es natürlich mehr denn je für mich
entscheiden.
Was erwarten Sie abseits dieses Du-ells
von der Partie in Regensburg?
Ich denke, Regensburg hat diese
Saison gezeigt, dass sie eine einge-schworene
Truppe sind, die gegen
jeden Gegner bestehen kann. Gera-de
Auswärts wird es sicher ein har-tes
Stück Arbeit gegen sie zu gewin-nen.
Aber wir haben uns auch einiges
vorgenommen und wollen die drei
Punkte in den Norden entführen. f r
Foto: Streubel/DFL