JAHNZ E I T 21 AUSGAB E DE Z EMB E R 2021
Torwarttrainer: Ronny Zeiß
„Jede Situation ist anders“
Ronny, was zeichnet aus deiner Sicht einen guten Torhüter
aus?
Ronny Zeiß: In erster Linie hält er Bälle, die auf das Tor kommen.
Er trifft gute Entscheidungen, das ist das, was in den letzten
Jahren immer wichtiger geworden. Er muss mental stabil sein,
muss mit Fehlern genauso umgehen können wie mit Lob. Dazu
kommt, dass er in allen Facetten des Torwartspiels eine gute
Qualität hat und am besten noch eine richtige Waffe besitzt.
Und was zeichnet deiner Meinung nach einen guten Tor-warttrainer
aus?
Ich weiß nicht, ob ich ein guter Torwarttrainer bin. Aber was
mir sehr wichtig ist: Ich versuche, eine gute Kommunikation
mit den Jungs zu pflegen. Und zwar mit allen Torhütern im
Kader, das heißt, ich unterscheide im Training oder im Um-gang
nicht, ob der Torhüter Nummer eins, zwei oder drei ist,
sondern es sind alle gleichberechtigt. Wenn man es aufs
Training runterbricht, versuche ich, sehr vielfältig und kom-plex
zu trainieren. Ich plane das Training immer anhand von
Spielsituationen. Nahezu jede Übung, die wir machen, soll-te
einen Bezug zum Spiel haben. Bei mir finden Sachen wie
über Hürden springen oder Koordinationsleiter nicht statt,
sondern mein Training ist sehr spielnah.
Wie würdest du die aktuellen drei Jahn Torhüter charak-terisieren
– sowohl als Torhüter als auch als Typen neben
dem Platz?
Eine Fußballmannschaft hat generell sehr unterschiedliche
Charaktere, das ist auch bei uns im Torhüterteam so. Ich habe
wahrscheinlich das älteste Torhüterteam in der Liga. Alle drei
sind sehr unterschiedlich. Alex ist ein sehr mutiger Torhüter,
der sich überall reinhaut und der auch klare Ziele verfolgt.
Manchmal ist er auch einen Tick weit zu gierig. Sein Thema
ist es, die richtige Balance zu finden. Es macht unheimlich
viel Spaß mit ihm zu arbeiten, weil er Elemente, die wir ver-suchen
umzusetzen, sehr gut annimmt und auch in seinem
Alter den Willen zeigt, sich weiterzuentwickeln.
Thorsten Kirschbaum?
Kirsche kenne ich schon sehr lange, wir sind auch privat befreun-det.
Das gab aber nicht den Ausschlag, ihn hierher zu holen. Son-dern
ich hatte ein gutes Gefühl, dass er hier gut reinpasst, weil er
eine gewisse Leichtigkeit mitbringt. Er ist in puncto Ehrgeiz nicht
so extrem wie Alex, sondern kommt über eine etwas andere Art
Fußball zu spielen. Er strahlt eine gute Ruhe aus. Mit seiner sehr
positiven Art passt er perfekt in dieses Torwarttrio.
Und Kevin Kunz?
Kevin ist ein extrem loyaler Typ. Ich hoffe, dass ich ihn so be-handle,
dass er sich wohlfühlt, auch wenn er aktuell die Num-mer
drei ist. Er hat in der Qualität zugelegt. Auf ihn ist immer
hundertprozentig Verlass, er ist ein sehr positiver Typ. Ich bin
sehr zufrieden mit allen drei Torhütern, es macht sehr viel Spaß
und wir kommen auch mit jedem einzelnen Schritt für Schritt
vorwärts. Alle drei verstehen sich auch privat ganz gut. Die erste
große Torwartparty mit den Torhütern, mit mir als Torwarttrainer
und unseren Frauen war ein großer Erfolg (lacht).
Auf der Jahn Homepage steht in deinem Steckbrief unter
Hobbys: Lesen, Kochen, Reisen. Was liest du?
Ich lese sehr unterschiedliche Sachen, lese gerne Biogra-phien
oder Themen der Zeitgeschichte. Zuletzt die von Ba-rack
Obama, ich habe aber auch schon die von Helmut Kohl
gelesen. Gerade die Zeit des zweiten Weltkriegs interessiert
mich sehr. Ich lese aber auch gerne Bücher von Frank Schät-zing,
John Grisham oder Ken Follet. Ich habe unheimlich viele
Bücher zu Hause und ich glaube von den rund 250 Büchern
vielleicht drei, vier nicht gelesen.
Warum kochst du gerne?
Daran bin ich eher über meinen Sohn geraten, der sehr gerne und
auch sehr wild kocht. Der braucht meistens im Gegensatz zu mir
keine Rezepte. Ich backe auch mal gerne Brot zu Hause. Ich koche
fast jeden Tag, weil ich kein Freund von Fertiggerichten bin.
Und wohin reist du gerne?
Ich reise mit meiner Frau gerne irgendwohin, wo wir noch
nicht waren. Ab einem gewissen Alter kommt es aber öfter
vor, dass man an gleiche Orte wieder reist. Wir haben zum
Beispiel seit Jahren Freunde auf La Palma wo wir gern sind.
Es gab zwei Urlaube, die wirklich fantastisch waren: 2014 in
Irland. Das war sehr gut zur Erholung nach dem Abstieg mit
Cottbus und dem Wechsel nach Leipzig. 2018 waren wir in
Namibia auf Safari. Das war überragend, eine komplett ande-re
Welt zu sehen. Auch die Reisen in die USA waren immer
extrem interessant. Da wir keine Hotelurlauber sind, sind wir
natürlich relativ nah am „normalen“ Leben in diesen Ländern.
Du hast deinen Sohn angesprochen, hast du weitere Kinder?
Ich habe eigentlich eine Tochter, also einen Transsohn. Ich bin
unfassbar stolz auf ihn. Es war für ihn natürlich nicht leicht. Ich
habe ihn nach dem Outing sofort unterstützt und unterstüt-ze
ihn bis heute in bei allen Dingen, die er macht. Er ist nach
meiner Station dort in Leipzig geblieben, studiert dort. Ich bin
unfassbar stolz, wie er das hinbekommt. Dieses Outing war für
ihn persönlich eine unfassbare Befreiung, dadurch ist er ein
„anderer“ Mensch geworden. Er war als Mädchen sehr schüch-tern,
sehr unsicher. Heute ist er ganz anders. Deshalb bin ich
froh, dass er das gemacht hat, auch wenn die Anfangszeit nicht
so einfach war für ihn. Für mich als Vater war dies zu Beginn
natürlich „komisch“ aber ich bin mir sicher, dass dies für mich
auch ein weiterer Schritt in der persönlichen Entwicklung ist.
Zum Abschluss darfst du uns noch eine lustige Anekdote
über einen Kollegen aus dem Trainerteam erzählen:
Basti Dreier.
(überlegt lange) Basti ist so gut strukturiert, der tritt in kein
Fettnäpfchen (lacht). f r