JAHNZ E I T 18 AUSGAB E DE Z EMB E R 2021
Co-Trainer Individualtraining: Markus Palionis
„Menschlichkeit ist das Entscheidende“
Palle, im Sommer bist du vom Spieler zum Trainer gewech-selt.
Wie verlief der Wechsel für dich?
Markus Palionis: Überraschenderweise sehr flüssig. Das lag
auch daran, dass mich das Trainerteam um Mersad toll aufge-nommen
hat. Mittlerweile fühle ich mich auch wirklich als Teil
des Trainerteams. Deshalb kann ich nur den Daumen heben
und sagen: Es war wirklich top.
Wie lief denn die Aufnahme im Trainerteam?
Vor dem ersten Training war ich kurz bei Mersad im Büro,
da haben wir kurz gesprochen und die Themenfelder noch-mal
abgesteckt. Klar war aber auch, dass diese Position neu
geschaffen wurde. Das heißt, mit der Zeit habe ich ein Ge-fühl
entwickelt, welche Aufgabenfelder genau mein Bereich
sind. Das ist auch bis heute so, dass man immer wieder
schaut, welche Felder kann ich noch hinzunehmen, welche
Aufgaben kann ich noch mehr machen. Ich musste da mich
auch reinfuchsen, aber ich bin guter Dinge, dass das weiter
flüssig laufen wird.
Zur Integration im Trainerteam gehört es auch, beim Fuß-balltennis
dabei zu sein. Uns wurde zugetragen, dass du
durchaus überrascht warst über das hohe Niveau…
(lacht) Die Trainerkollegen sind schon relativ fit, ja. Bei uns
haben sich zwei Duos gebildet, Mersad und Basti spielen
gegen Ronny und mich. Die ersten Spiele liefen für uns nicht
so gut, das hat mich schon extrem geärgert. Wir sind aber gut
zurückgekommen, die letzten Spiele haben wir gewonnen.
Das sind jetzt schon Duelle auf Augenhöhe.
Wie war die Umstellung beim Umgang mit den Spielern?
Erst warst du Mitspieler, dann plötzlich ihr Trainer…
Mit den neuen Spielern ist es gar kein Problem, denn die ken-nen
mich nicht als Spieler. Mit den anderen war es am Anfang
schon eine ungewohnte Situation für beide Parteien. Aber
für mich hat sich nicht allzu viel verändert. Ich pflege zu den
Jungs weiter einen guten und engen Kontakt, natürlich mit
einer etwas größeren Distanz. Die Jungs haben das auch echt
gut angenommen und haben sich gefreut für mich.
Gibt es Spieler, die schon mal fluchen, wenn du sie zum
wiederholten Mal ans Kopfballpendel bittest?
Nein, überhaupt nicht. Die Eigenmotivation der Spieler ist
schon sehr, sehr hoch. Da wird im Gegenteil sogar nach fast
jedem Training gefragt: Können wir das oder das noch ma-chen?
Sie freuen sich darauf, weil sie an ihren Entwicklungs-feldern
arbeiten wollen. Das spricht für unsere Spieler.
Du hast schon angesprochen, dass sich das Aufgabengebiet
stetig genauer findet. Wie kann man es grob definieren?
Auf dem Platz ist es ziemlich klar. Wir besprechen im Trai-nerteam,
mit welchen Spielern wir etwas machen können.
Denn da ist die Belastungssteuerung auch ein großes The-ma.
Ich will mich noch mehr in die Videoanalyse – nicht nur
von Spielen sondern auch von Trainingseinheiten – rein-fuchsen,
mit deren Hilfe ich noch viel individueller auf die
Spieler eingehen könnte. Um dann Aufgabengebiete her-auszuarbeiten,
die wir mit den Spielern bearbeiten können.
Ist dieses individuelle Arbeiten auch genau der Bereich, der
dir Spaß macht, oder kannst du dir für deine Zukunft auch
vorstellen, einmal in die Richtung Chef-Trainer zu gehen?
Als ich noch aktiv war, habe ich immer gesagt, dass ich nicht
weiß, ob der Trainerjob etwas für mich ist. Das ist ehrlich gesagt
noch immer ein bisschen so. Ich muss mich reinfinden in den
Beruf, muss ein Gefühl für das Trainer-Dasein entwickeln, für
die vielseitigen Facetten der Arbeit. Trainer sein schaut von au-ßen
sehr einfach aus, aber das ist tatsächlich überhaupt nicht
der Fall. Das ist schon ein harter Job. Du hast 25 verschiedene
erwachsene Charaktere, die mit ihren persönlichen Befindlich-keiten
anklopfen. Da muss ich noch für mich herausfinden, wie
weit und in welche Richtung es für mich als Trainer gehen wird.
Ich habe jetzt keinen Karriereplan aufgestellt, sondern schaue
von Saison zu Saison, wie sich das Ganze entwickelt. Denn für
eine langfristige Planung ist der Fußball auch zu schnelllebig.
Wenn du die Vielseitigkeit des Jobs ansprichst: Gab es
Punkte, die dich überrascht haben in der täglichen Arbeit,
die man als Spieler gar nicht so sehr auf dem Schirm hat?
Ja, tatsächlich. Auf welche Kleinigkeiten das Trainerteam zum
Beispiel schaut. Auch wie die Trainer für sich ein Gefühl ent-wickelt
haben, wie sich ein Spieler aktuell fühlt. Die Trainer
reden sogar darüber, ob ein Spieler gut oder schlecht ge-schlafen
hat. Da ist jede Kleinigkeit entscheidend, um am
Wochenende die nötigen Punkte einzufahren. Da war ich tat-sächlich
positiv überrascht, wie jedes noch so kleine Detail
besprochen und analysiert wird.
Gibt es Trainer, die dich in deiner Karriere geprägt haben?
Wenn ja, inwiefern?
Der Trainer, der mich am meisten geprägt hat, war Roger
Schmidt, unter dem ich in Paderborn gespielt habe. Nicht nur
als Trainer, sondern vor allem seine menschliche Seite hat
mich sehr beeindruckt. Das war ein besonderer Trainer und
Mensch, der nicht ohne Grund dort steht, wo er steht.
Was zeichnet aus deiner Sicht einen guten Trainer aus?
In erster Linie Menschlichkeit, das ist das Entscheidende. Bei
aller Qualifikation und allem Fachwissen als Trainer stehen
am Ende auf dem Feld immer Menschen, die Gefühle haben,
die ihre Probleme haben. Das ist mit das Entscheidende als
Trainer, dass du das verstehst.
Zum Abschluss darfst du noch über den nächsten der Inter-viewreihe
eine lustige Anekdote erzählen: Ronny Zeiß.
Eine lustige Anekdote habe ich auf Anhieb nicht parat, ich kann
aber etwas zur Persönlichkeit von Ronny sagen. Er ist absolut
ehrgeizig, ist immer der Erste, der da ist, geht vorher immer
schon in den Fitnessraum, geht sehr oft laufen. Er ist sehr flei-ßig.
Ronny ist schon jemand, auf den ich aufschaue, ganz klar.
Gefühlt am meisten freut mich aber natürlich, dass wir uns im
Fußballtennis weiterentwickelt haben (lacht). f r