JAHNZ E I T 14 AUSGAB E DE Z EMB E R 2021
Co-Trainer Analyse: Jonas Maier
„Ich schaue sehr viele Stunden Fußball“
Jonas, wie viel Fußball schaust du eigentlich in einer Woche?
Jonas Maier: Puh, das ist gleich eine schwere Einstiegsfrage
(lacht und überlegt lange). Allein in der Gegnervorbereitung
schaue ich schon drei bis vier Spiele komplett an. Das sind
pro Spiel schon einmal zwei Stunden, wenn man die Szenen
vorbereitet und selektiert. Dazu kommt die Nachbereitung
unserer Spiele, was drei, vier Stunden dauert, Einzelvideos
kommen mit zwei, drei Stunden nochmals oben drauf. Somit
kann es sein, dass ich alleine jahnbezogen mit den eigenen
Spielen und den Spielen des kommenden Gegners sehr viele
Stunden Fußball schaue. Dazu kommt, dass wir nach Möglich-keit
alle Spiele der 2. Bundesliga im Blick haben, da schaue ich
mir – sofern es zeitlich passt – möglichst viele Spiele ganz an.
Schaust du dann privat überhaupt noch Fußball?
Ja, schon (lacht). Die erste Liga, DFB-Pokal, Champions
League, das schaue ich mir schon auch noch gerne an.
Neben der Videoanalyse stehst du beim Training auch mit
auf dem Platz. Wie sieht dein Alltag beim SSV Jahn aus?
Nehmen wir mal beispielsweise eine Woche, in der wir
zweimal samstags spielen. Dann findet gleich am Sams-tagabend
und Sonntag in der Früh die Nachbereitung
unseres Spiels statt. Die Szenen schauen wir uns dann
im Trainerteam an und zeigen sie normalerweise am Tag
nach dem freien Tag dann der Mannschaft. Parallel läuft
immer schon die Vorbereitung auf die nächsten Spiele,
da überlappen sich auch immer Spiele. Dafür bereite ich
dann die Szenen vor, die Taktikbesprechung mit dem Team
erfolgt schließlich in zwei Sitzungen. Unsere Philosophie
ist von einer hohen Intensität in allen Phasen geprägt.
Neben der Unterstützung des Chef- Und Co-Trainers beim
Aufbau und der Durchführung der Trainings- beziehungs-weise
Spielformen, ist daher das „Pushen“ in der jeweili-gen
Form sowie das Coaching in kurzen Pausen ein wich-tiger
Bestandteil. Speziell für mich als Co-Trainer Analyse
gilt es dann, das „Gesehene“ aus der Videositzung in der
Umsetzung auf dem Platz zu beobachten und in den ge-filmten
Trainingsaufnahmen zu bewerten. Wir erstellen
Einzelspielerplakate, wo wir Stärken und Schwächen der
gegnerischen Spieler auflisten, die potenziell im Kader
sein könnten. Am Spieltag erstellen wir zudem nochmal
einen kleinen Matchplan, in dem wir uns auf verschiedene
Eventualitäten im Spiel vorbereiten. Beim Spiel sitze ich
auf der Tribüne und bin mit Basti Dreier telefonisch ver-bunden.
Das hilft, das Spiel aus einer anderen Perspektive
anzuschauen und auch losgelöst von den Emotionen am
Spielfeldrand zu sein.
Seid ihr da immer ernst während des Spiels, oder fällt auch
mal ein Witz?
Es kommt schon mal vor, dass ein lockerer Spruch dabei
ist. Witze eher nicht.
Wie viel von dem, was du im Video siehst, kommt am Ende
auch bei den Spielern an, die wahrscheinlich nur bedingt
aufnahmefähig sind?
Bedingt aufnahmefähig, das ist der eine Punkt. Es ist aber
auch einfach die Zeit nicht da, dass sich die Spieler intensiv
mit dem Videomaterial beschäftigen. Es ist meine Aufgabe,
alles zu sichten und den Matchplan im Kopf zu erstellen.
Ich schau mir drei, vier Spiele pro Gegner an und selektiere
in der Folge die Szenen drei bis vier Mal. Dann habe ich für
jede der vier Spielphasen am Ende rund 40 Szenen, dazu
kommen noch die Standards. Am Ende werden aber nur
sechs, sieben Szenen pro Spielphase der Mannschaft ge-zeigt.
Wir zeigen von den in Summe 15 bis 20 Stunden Vi-deomaterial,
das ich sichte, der Mannschaft am Ende immer
rund zwölf Minuten. Die Spieler brauchen am Ende nur ein
paar entscheidende Fakten. Dafür ist es meine Aufgabe, die
Muster und die Prinzipien der Gegner herauszuarbeiten.
Du wohnst in Regensburg ja in der Innenstadt. Uns wurde
die Frage mit auf den Weg gegeben, ob du dich dort denn
sicher fühlst, gerade dort, wo du dein Auto immer parkst?
(lacht laut) Ja, ich wohne in der Stadt am Ostentor, fühle
mich dort auch sehr wohl. Es kommt aber immer mal wie-der
vor, dass ich am nächsten Tag meine Scheibenwischer in
die richtige Position bringen muss, weil gewisse Personen
daran vorbeilaufen & diese verstellen. Vielleicht stellen sie
diese auch nur hoch, weil es jetzt wieder kälter wird, damit
sie nicht festfrieren. Vielleicht muss ich mich an dieser Stel-le
auch bedanken (schmunzelt). Es kann schon sein, dass
an meinem Auto im Vergleich zum Vortag ein paar Sachen
verändert wurden.
Weil zufällig auch ein paar Spieler in der Nähe wohnen?
Zufällig wohnen da auch ein paar Spieler. Ich kann mir aber
überhaupt nicht vorstellen, dass einer unserer Spieler so
etwas machen würde. Das wäre ja Verleumdung (lacht).
Als Abschluss darfst uns auch du eine lustige Anekdote
über den nächsten dieser Interviewreihe erzählen:
Thomas Barth.
Tommi hat einen, wie ich finde, sehr guten, trockenen Hu-mor.
Vor kurzem hatten wir die Möglichkeit, mit der ge-samten
Mannschaft Ballon zu fahren. Verständlicherweise
hatten einige im Vorfeld Respekt vor der Fahrt. So beob-achteten
alle sehr neugierig, gewiss auch etwas nervös
und skeptisch den Aufbau. Dabei stellte sich Tommi hinter
eine Gruppe und begann eines seiner Selbstgespräche mit
ruhiger aber ernster Stimme: „Ist das richtig, was der da
macht, gehört das so? Da stimmt doch was nicht und dann
noch der Wind… beim letzten Mal war das anders“ Einige
der Teilnehmer reagierten dabei sichtlich irritiert und un-wohl,
bis er seine Stimme veränderte und sich die Anspan-nung
in Gelächter entlud... f r