JAHNZ E I T 16 AUSGAB E JUL I 2021
eine Geschlossenheit, die uns als Mannschaft aber auch als
Verein ausgemacht hat. Und diese Geschlossenheit hat den
Jahn auch dahin gebracht, dass er die Entwicklung der letz-ten
Jahre so machen konnte.
In Deinen letzten beiden Saisons war Mersad Selimbegovic
Dein Trainer, mit dem Du noch selbst zusammengespielt
hast. Eine besondere Konstellation?
Mersad verkörpert, was den Jahn ausmacht: Ein unbändiger
Wille, eine unbändige Lernbereitschaft und die Eigenschaft,
nach Rückschlägen nicht aufzustecken. Letztere ist wohl die
Charaktereigenschaft, die Mersad am besten mitbringt, wenn
man alleine seine Lebensgeschichte betrachtet. Man kann
nur den Hut davor ziehen, welche Herausforderungen er in
seinem Leben schon gemeistert hat. Mersad verkörpert zu
100 Prozent eine Arbeitsmoral, das Nie-Aufgeben. So war
er schon als Spieler und so ist er auch als Trainer. Es ist ein
Glücksfall für eine Mannschaft mit einem solchen Trainer zu-sammenarbeiten
zu dürfen. Auch das macht den Jahn aus,
dass in solchen Positionen Leute sind, denen der Verein ext-rem
am Herzen liegt.
Christian Keller hat Dich einmal als „Prototypen eines Jahn
Spielers“ bezeichnet. Wie würdest Du Dir denn einen Jahn
Spieler schnitzen, wenn Du könntest? Und wie viel Oli Hein
würde drinstecken?
(lacht) Es muss jetzt kein zweiter Oli Hein sein. Aber es sollte
ein Spieler sein, der sich mit dem identifiziert, für was der Ver-ein
steht, der dazu bereit ist, sich selbst nicht zu wichtig zu
nehmen und im Idealfall auch fußballerische Fähigkeiten mit-bringt
(lacht). Wir müssen viele Punkte über unsere Mentalität
und unsere mannschaftliche Geschlossenheit holen, deshalb
ist es wichtig, dass sich die Spieler mit dem Jahn identifizieren.
Du hast es aus dem Jahn Nachwuchs zu den Profis ge-schafft.
Was würdest Du den Jahnschmiede Spielern raten,
worauf es ankommt, damit sie einen ähnlichen Weg gehen
können?
Man muss bereit sein, den eigenen Schweinehund zu über-winden,
niemals aufzustecken. Wenn man sieben Mal hin-fällt,
muss man acht Mal wieder aufstehen. Zudem darf man
nie etwas als selbstverständlich betrachten. Wenn ich daran
zurückdenke, dass wir uns damals in der Jugend von unse-rem
eigenen Taschengeld Kunstrasenplätze angemietet ha-ben
– so etwas lässt ungemein reifen. Die Luft ganz oben im
Fußball wird so dünn, vieles hängt auch mit Glück zusam-men.
Und man muss immer bereit, letztlich gilt es abzulie-fern,
wenn man die Chance bekommt.
Blicken wir nach vorne: Wie geht es bei Dir weiter?
Das werden wir sehen. Viele, die mich persönlich gut ken-nen,
glauben, dass ich einen sehr stringenten Plan vor Au-gen
habe. Das habe ich aber tatsächlich nicht. Natürlich
habe ich eine grobe Vorstellung davon. Ich werde auf jeden
Fall eine Fachausbildung zum Osteopathen machen. Und ich
kann mir auch nicht vorstellen, dass mich der Sport oder der
Fußball komplett verlassen werden. Was es in diesem Be-reich,
vielleicht auch beim Jahn wird, werden die nächsten
Monate zeigen.
Also wirst Du dem Jahn wahrscheinlich erhalten bleiben?
Ich würde mich freuen und ich glaube, der Verein hätte mich
auch gern in irgendeiner Funktion weiter dabei. Ich habe Er-fahrungen
gesammelt, die wertvoll sein können und die ich
gerne weitergeben würde.
Es wird der Moment kommen, an dem Du Dir zum ersten
Mal nach dem Karriereende ein Spiel von der Tribüne aus
ansiehst. Freust Du Dich darauf oder wird es auch mit Weh-mut
verbunden sein?
Ich freue mich eher darauf, das in Ruhe beobachten zu
können, ohne an das nächste Spiel oder die nächste He-rausforderung
denken zu müssen. Ich kann mir aber auch
vorstellen, dass es letztlich nicht ganz so entspannt sein
wird, wie ich es mir jetzt vorstelle, weil doch sehr viel
Herzblut dranhängt.
Was wirst Du von der aktiven Zeit als Fußballer am meisten
vermissen?
Ich denke den Kabinenalltag mit den Jungs. Der Alltag wird
nun von heute auf morgen ein ganz anderer sein. Man fährt
nicht mehr täglich zum Training, sondern ist für seinen Plan
selbst verantwortlich. Mir wird es auch sehr fehlen, mit den
Jungs gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten.
Was wünschst Du dem Jahn für die Zukunft?
Dass er sich selbst treu bleibt und weiter einen anderen Weg
geht als viele andere Zweitligisten. Die Werte und Prinzipi-en
sind das Fundament, das den Verein ausmacht und be-sonders
macht. Und persönlich würde ich mich schon freu-en,
hier auch einmal ein Bundesliga-Spiel sehen zu können
(lacht). Das ist zwar aktuell utopisch. Aber wenn man an 2009
zurückdenkt, dann ist der Status quo in 2021 auch Utopie.
Man wächst mit seinen Herausforderungen und ich werde es
auf jeden Fall gespannt verfolgen. f r