JAHNZ E I T 14 AUSGAB E JUL I 2021
dann wäre dieses +1 zu wenig, um das abzubilden. Sportlich
sind wir nur eine Liga besser, aber wenn man den Gesamt-verein
betrachtet, dann ist es nicht nur eine Liga, um die sich
der Jahn in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat. Da
bin ich auch stolz und dankbar, dass ich diese Erfahrungen
mit dem Jahn machen durfte. Eine Fußballerlaufbahn kon-zentriert
sich nun mal nur auf zehn bis 15 Jahre. Diese Er-fahrungen,
die ich in meiner Karriere machen durfte, machen
andere in 30 bis 40 Jahren nicht. Das sind alles Erfahrungs-werte,
die mich als Person haben reifen lassen.
Wenn Du auf 14 Jahre Jahn zurückblickst, was bleibt in ers-ter
Linie hängen?
Ich nehme mit, dass man immer wieder auf sich selbst vertrau-en
muss. Wenn man seinen Prinzipien folgt, eine klare Werte-struktur
hat, dann wird das irgendwann belohnt. Und ich neh-me
mit, dass es sich lohnt, einen Weg konsequent zu gehen, so
schlimm sich die Mühen im jeweiligen Moment auch anfühlen
mögen. Man hört oder liest immer wieder von erfolgreichen
Persönlichkeiten, dass die größten Niederlagen zu den größten
Erfolgen führen. Diese Erfahrung konnte ich auch machen –
wenn man sich selbst und seinen Prinzipien und Werten treu
bleibt. Das nehme ich wirklich mit, denn wir standen hier oft
vor scheinbar aussichtslosen Situationen. Als Jahn haben wir
dem allen getrotzt, obwohl oft kein Cent mehr auf uns gewet-tet
wurde. Das sind Erfahrungen fürs Leben.
Wenn Du davon sprichst, dass auf große Niederlagen die
größten Erfolge folgen, dann kann man das beim Jahn si-cher
auf den Abstieg 2015 und die folgende Entwicklung
projizieren…
Das stimmt. Dieser Abstieg und dass wir danach zusammen
wieder aufgestanden sind, hat dem Verein mit am meisten
gebracht. In der Mannschaft haben viele Spieler den Willen
gezeigt, diesen Abstieg wieder wettzumachen. Auf Mitarbei-terebene
hat das zusammengeschweißt, auf Sponsorenebe-ne
wurde mit Partnern aus der Region, die in schwierigen
Zeiten zum Jahn gestanden sind, der Grundstein für die Ent-wicklung
gelegt und auch auf Seiten der Fans hat sich die Ba-sis
noch einmal gefestigt. Dieses Jahr hat den Jahn insgesamt
so gefestigt, dass die Entwicklung der letzten Jahre möglich
war. Das Fundament wird auch in Zukunft, sollte es sportlich
einmal nicht so laufen, gefestigt sein, dass das ganze Haus,
das darauf steht, nicht sofort wieder zusammenbricht. Im Ab-stiegsjahr
hat sich das Fundament in jeglicher Hinsicht so ge-festigt,
dass der Jahn ein Verein geworden ist, auf den man
sich verlassen kann, der Hindernissen trotzen kann und auch
in Zukunft Hindernissen trotzen wird, die auf ihn zukommen.
2020 hat Christian Keller das Jahresmotto „Jahn sein“ aus-gerufen,
in dem es darum ging, den Geist aus dieser Zeit
in die Zukunft mitzunehmen. Wie wichtig ist es aus Deiner
Sicht, dass man sich immer wieder darauf besinnt, wo man
herkommt?
Es ist immer wichtig, wo man herkommt. Gleichzeitig ist es
aber auch ganz normal, dass sich mit der Zeit die Erwartungs-haltung
genauso ändert wie die Mannschaft. Es kommen
neue Spieler dazu, die nur noch aus Erzählungen wissen, wie
es ist, in Schalding-Heining oder Buchbach in der Regional-liga
Bayern auf dem Platz zu stehen. Immer im Wissen seiner
Herkunft darf man sich aber auch nicht davor verschließen,
die nächsten Schritte in die Zukunft zu gehen. „Jahn sein“
bedeutet hierbei für mich auch, dass man Probleme auf un-konventionelle
Art angreift und viele Dinge anders macht als
es andere Teams in der Liga machen. Sich diesen Geist zu
bewahren, wird aus meiner Sicht eine der zentralen Aufga-ben
für die nächsten Jahre. Ich habe dabei aber auch keine
Sorgen, weil mit Christian Keller jemand an der Spitze ist, der
klaren Prinzipien folgt und allen neuen Spielern klar macht,
welche Verantwortung sie tragen, wenn sie dieses Trikot an-ziehen.
Weil man Dinge etwas anders angeht, bin ich über-zeugt,
dass dieser Erfolg fundierter ist, als wenn man ver-sucht,
sich Erfolg kurzfristig finanziell zu erkaufen.
Vor der letzten Saison hast Du gesagt, dass Du noch kein
ganz gutes Gefühl dabei hättest, die Mannschaft schon zu
verlassen. Hast Du dieses gute Gefühl nun?
Ich hatte tatsächlich schon vor einem Jahr vor meine Kar-riere
zu beenden. Nachdem sich dann abgezeichnet hat,