JAHNZ E I T 17 AUSGAB E AUGUS T 2021
te Problem von jüngeren Spielern, dass sie das große Ganze
nicht sehen, dass sie es nicht schaffen, sich für die Mannschaft
zu opfern, egal ob sie im Moment spielen oder nicht.“
Dass der Jahn nun wiederholt die Klasse gehalten hat, hat für
Palionis vor allem mit dem Teamgeist der Mannschaft zu tun.
Hier lobt er die damalige Entscheidung des Clubs, mit dem
Gros der Aufstiegsmannschaft in die erste Zweitliga-Saison
2017/18 zu starten. Das hätten, mutmaßt er, nicht viele Vereine
gemacht, dieser Mannschaft das Vertrauen zu geben.
„Der Jahn hatte den Mut dazu. Wir wussten von Anfang an,
dass es schwer werden würde, wir wussten aber auch, dass
wir es packen können. Denn der Geist dieser Mannschaft
lebte weiter“, sagt Palionis und fügt an: „Was viele nicht verstehen:
Die 2. Liga bedeutet Zusammenhalt, mannschaftliche
Geschlossenheit und Teamgeist. Diese Punkte sind die
Voraussetzung für die 2. Liga. Das zeigt der Jahn Jahr für Jahr,
diese Werte werden hier gelebt.“
Der Teamgeist als Erbgut: „Machst du das nicht, scheiterst
du hier.“
Dass dieser Geist weiter gelebt wird beim Jahn, ist für Palionis
auch essenziell wichtig. „In unserem ersten Zweitliga-
Jahr waren noch viele Spieler da, die schon in der Regionalliga
da waren, aktuell sind es mit Wastl Nachreiner und Jann
George nur noch zwei. Aber dieser Teamgeist ist beim Jahn
wie ein Erbgut, das an die neuen Spieler weitergegeben wird
und das nicht verloren geht. Das Trainerteam lebt das vor, der
ganze Verein lebt das. Da bleibt dir als Spieler nichts anderes
übrig, als es auch zu leben. Machst du das nicht, scheiterst du
hier.“ Benedikt Saller nimmt er hier als positives Beispiel aus
der aktuellen Mannschaft. „Er hat eine extreme Identifikation
mit dem Verein, er liebt den Verein, das sieht man in jedem
Training und in jedem Spiel. Das sehen auch die Neuen und
das überträgt sich.“
Spielerisch hat Palionis derweil eine Weiterentwicklung
des Teams über die vergangenen Jahre ausgemacht. „In den
ersten beiden Zweitliga-Jahren haben wir gefühlt nur Umschaltfußball
gespielt, jetzt können wir auch mit dem Ball
mehr anfangen, haben viele Möglichkeiten.“ Ein weiterer
Unterschied liege in der Kadertiefe. „Jetzt haben wir 18, 19
Spieler, die Stammplatzpotenzial mitbringen, das war vor
drei Jahren noch nicht zwingend so.“
Die neue Perspektive
Palionis begleitet dies alles nun aus einer anderen Perspektive.
Er ist im Sommer gewechselt, vom Spieler ins Trainerteam.
Er fungiert nun als Co-Trainer Individualtraining. Im
Sommer hat er sich ein bisschen Bedenkzeit erbeten. Es
galt sich erst einmal zu sammeln. Palionis hätte sich durchaus
noch ein Jahr als Spieler zugetraut. Nachdem er aber am
Ende der letzten Saison nicht mehr spielte, obwohl es viele
Verletzte auf seiner Position gab, war die Perspektive auf
mehr Spielzeit gering. Insgeheim, sagt Palionis heute, hat er
schon direkt nach dem Gespräch mit Jahn Geschäftsführer
Christian Keller gewusst, dass er die angebotene neue Aufgabe
machen möchte. „Heute sitze ich hier und bin sehr glücklich
über diese Entscheidung“, sagt Palionis. Er und seine
Familie fühlen sich in Regensburg pudelwohl. Und Palionis
weiß es auch zu schätzen, dass ihn der Club behalten wollte.
„Es ist ganz selten, dass Vereine so zu ihren Spielern stehen
und Dankbarkeit zeigen. Der Jahn hat für mich einen Posten
geschaffen, den es davor in dieser Form nicht gab. Mehr Dankeschön
geht nicht.“
Auch für Palionis gab es nur zwei Optionen: Beim Jahn bleiben,
oder im Fußball aufhören und etwas anderes machen.
Er trägt den Jahn im Herzen. „Regensburg und der Jahn
sind meine Heimat geworden“, betont er. Mit seiner Sandkastenliebe
Erika, wie Palionis es bezeichnet, und den beiden
Kindern Damian (11) und Gabriela (4) fühlt er sich in
Regensburg gut aufgehoben. Palionis weiß sein Leben hier
zu schätzen. Er ist in Litauen aufgewachsen, im Hochhaus,
die Familie hatte nicht viel Geld. „Dennoch hatte ich eine
schöne und behütete Kindheit“, erzählt Palionis. Dass die
Familie nach Deutschland auswanderte, als er acht Jahre alt
war, war für sein weiteres Leben aber dennoch ein Glücksfall.
„Meine Kindheit hat mich aber auch zu dem gemacht,
wie ich heute bin. Ich weiß, woher ich komme, und weiß
alles sehr zu schätzen.“
Und Palionis weiß, was im Leben wirklich wichtig ist: „Familie
ist das Wichtigste, der Grundstock des Lebens.“ Seinen
Kindern will er dabei Werte vorleben und sie an sie
weitergeben. „Respekt, Liebe, Ehrlichkeit“ – das sollen
seine Kinder leben.
Potenzial und Talent? „Ausschlaggebend sind Gier, Wille
und innerer Antrieb“
Weitergeben will Palionis nun auch in seinen neuen Funktionen
einiges. Wenn er mit Profis individuell trainiert. „Besonders
Spaß macht es mit Spielern, die eine große Eigenmotivation
und Lernbereitschaft mitbringen. Davon haben wir
einige im Kader, solche Spieler braucht der Jahn auch“, sagt
er. Etwas weitergeben will er aber auch in seiner zweiten
neuen Aufgabe als Spieler der U21. „Ich fordere schon auch
sehr aggressiv und klar gewisse Sachen ein“, sagt er. „Damit
kommt vielleicht noch nicht jeder Spieler zurecht.“ Ihm ist es
aber lieber so, als dass die Spieler nicht alles unternehmen
und am Ende irgendwo scheitern. „Es gibt in der U21 Spieler,
die Potenzial mitbringen“, sagt Palionis. „Aber Potenzial und
Talent sind nicht das Wichtigste. Ausschlaggebend sind die
Gier, der Wille und der innere Antrieb.“ Und wer könnte diese
Faktoren besser vermitteln, als Markus Palionis? Der Mann,
der den Jahn im Herzen trägt und zwischen den (Jahn-)Welten
unterwegs ist. f r