JAHNZ E I T 58 AUSGAB E AP R I L 2022
Jahn HisTORie
Jahn Geschichte – mal in-, mal outdoor
Gegen den FC Ingolstadt 04 wird Anfang April 2022 erstmals
seit über zwei Jahren nun wieder so etwas wie „Normalität“
im Jahnstadion herrschen. Mit Auslaufen der allermeisten
Infektionsschutzmaßnahmen, zumindest außerhalb von
bestimmten Risikobereichen, können die Stadien wieder
voll ausgelastet werden. Es wird sich in den nächsten Mo-naten
und Jahren zeigen, welche mittel- und langfristigen
Folgen die Pandemie auf den Besuch der Fußballstadien in
Deutschland hat und irgendwann in der Rückschau sicher
auch wieder Thema für den Jahn Archivar werden.
Längst ist zu der – freilich keinesfalls beendeten – Seuchenpro-blematik
mit dem Strom Geflüchteter aus den Kriegsgebieten
in der Ukraine eine weitere Großkrise hinzugekommen. Erin-nerungen
an die größte Fluchtbewegung aus Osteuropa wäh-rend
und nach dem Zweiten Weltkrieg werden unwillkürlich
wach. Insbesondere in Regensburg gab es nach 1945 durch
entlassene NS-Zwangsarbeiter, KZ-Überlebende und Kriegs-flüchtlinge
vorübergehend eine große ukrainische Gemeinde,
die sich unter anderem in der Ganghofersiedlung im Süden
der Stadt organisierte. Die meisten zogen später weiter – nach
Westeuropa, die USA oder Israel – andere haben sich in die Re-gensburger
Gesellschaft auf Dauer integriert. Noch größer war
der Zuzug aus Böhmen und Schlesien, der zwischen 1945 und
´48 nach Bayern erfolgte. Allein etwa eine Million Sudeten-deutsche
kamen in dieser Zeit ins Land. Die Integration dieser
Gruppe in die Mehrheitsgesellschaft ist derzeit Thema einer
Sonderausstellung in der Bavariathek des Museums der Bay-erischen
Geschichte in Regensburg. Auf anschaulichen Tafeln,
die auch für den Schulunterricht abgerufen und verwendet
werden können, wird vor allem die soziale und wirtschaftliche
Integration in „Neuanfänge – Heimatvertriebene in Bayern“
thematisiert. Erinnert wird u.a. an die Neugründungen der ur-sprünglich
Karlsbader Genußmittelhersteller „Müller`s Karls-bader“
und „Rehorik“ im Raum Regensburg. Auch das Jahn Ar-chiv
konnte einen kleinen Beitrag zur gelungenen Ausstellung
liefern mit einem Foto aus dem Jahnstadion der 1950er Jahre,
wo Müller – wie noch lange später – mit einer großen Werbeta-fel
seine Verbundenheit mit der neuen Heimat demonstrierte.
Ein Großteil der Zuschauerschaft im Jahnstadion stammte da-mals
wie heute deren Nachkommen aus dem „fünften bayeri-schen
Stamm“ und der erfolgreichste Torschütze der Oberliga-
Jahre, Josef Hubeny aus Königinhof an der Elbe (Dvůr Králové),
ebenso. Dem Haus der Bayerischen Geschichte (HdBG) ist es in
seinem Museum in Regensburg wichtig, regionale Aspekte der
Sportgeschichte in Bayern auch in der Dauerausstellung noch
stärker zu berücksichti-gen,
wie HdBG-Mitarbei-ter
Maximilian Brückner
dem Jahn Archivar bei ei-nem
gemeinsamen Rund-gang
im Herbst bestätigte.
Der freut sich, dass der
Historiker und Jahn An-hänger
Brückner dabei
auch einwilligte, Mitglied
des wissenschaftlichen
Beirats des Jahn Archivs
zu werden.
Dieses Foto aus dem Jahre 1953 mit Stadion-werbung
der Fa. Müller aus Neutraubling konnte
das Jahn Archiv für die Ausstellung „Neuanfän-ge
– Heimatvertriebene in Bayern“, die aktuell in
der Bavariathek des Museums der Bayerischen
Geschichte zu sehen ist, zur Verfügung stellen.
Die Ausstellung in der „Bavariathek“ des HdBG (neben dem Mu-seumsbau
am Donaumarkt zu finden) ist noch bis zum 11. Sep-tember
2022 täglich (wochentags bis 15 Uhr, am Wochenende
bis 17 Uhr) zu besichtigen. Auf Dauer und zeitunabhängig steht
Interessierten seit kurzem ein Rundgang durch den Stadtwes-ten
auf den Spuren des SSV Jahn zur Verfügung. Es ist eine Art
hybride Schnitzeljagd entstanden, die eine Gruppe junger Re-gensburger
Mittelschüler im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft
im Herbst/Winter erarbeitete. Die „Spurensucher“, so nennt die
betreuende ehrenamtliche Lehrkraft der Projekt-AG, Dr. Heike
Wolter, ihre 12- und 13-jährigen Schüler der Bischof-Manfred-
Müller-Schule, haben ihre Leidenschaft Fußball verbunden mit
der Verwendung und Aufarbeitung von historischen Quellen. Er-stellt
wurde ein so genannter „Actionbound“, mit dem der erst
kürzlich als Tutorin einer anderen Jugendgruppe mit einem Bun-despreis
des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten
ausgezeichneten Akademischen Rätin der Universität Regens-burg
und ihren Schützlingen ein interessanter Rundgang im Re-gensburger
Westen rund um das alte Jahnstadion gelungen ist.
Historische Bilder und In-formationen,
bei deren Ak-quise
der Jahn Archivar ger-ne
unterstützte, finden sich
ebenso wie die Möglichkeit
zur Interaktion und sein
Wissen in Quizfragen unter
Beweis zu stellen. Unter der
Adresse www.actionbound.
com/bound/jahnsportge-schichten
kann der Rund-gang
auf dem Smartphone
gestartet werden. wo
Dr. Heike Wolter (links) und die von ihr betreu-ten
„Spurensucher“ der Bischof-Manfred-Mül-ler-
Schule bei einer Führung durch den Jahn
Archivar (rechts) zu den sich im und am neuen
Jahnstadion befindlichen Erinnerungsorten
(Foto: Brandl).
/www.actionbound