JAHNZ E I T 14 AUSGAB E OK TOB E R 2021
Es folgt das Angebot des SSV Jahn und der Sprung in die 2.
Bundesliga. „Alles, was im Leben passiert, hat einen Sinn“,
ist er überzeugt. „Es sollte so sein, dass ich es über Um-wege
schaffe.“ Der 24-Jährige sagt aber auch: „Ich war mir
zu jedem Zeitpunkt sicher, dass ich es schaffen werde und
habe nie den Glauben an mich verloren.“ Erik Wekesser – ein
Überzeugungstäter. „Jetzt“, sagt er, „bin ich umso glücklicher,
dass ich in Regensburg und beim Jahn sein kann.“
Dass die Karriere in Heimatnähe in Walldorf wieder so richtig
Fahrt aufgenommen hat, ist sicher kein Zufall. Erik Wekesser
ist ein Familienmensch. „Für mich ist Heimat da, wo meine
Familie ist, und das ist Mannheim“, sagt er und fügt an: „Ich
bin Mannheimer durch und durch.“ So freut er sich, wenn mal
frei ist, immer wieder auch auf Tage bei der Familie in der
Heimat. „Ich vermisse die Stadt natürlich schon ein Stück,
auch wenn Regensburg auch wunderschön ist.“
Ein besonderes Verhältnis hat Wekesser auch zu seinem
fünf Jahre jüngeren Bruder Elias, ebenfalls Fußballer, aktu-ell
beim FC Speyer 09 in der Oberliga. „Wir haben ein sehr
enges Verhältnis, telefonieren oft, spielen online Playsta-tion
zusammen“, erzählt Wekesser. Den Namen seines Bru-ders
hat er sich auf den linken Unterarm tätowieren lassen.
Es ist das einzige Tattoo neben den Geburtsdaten seiner
Eltern. Er und sein Bruder seien sehr unterschiedlich. „Er
ist ein sehr ruhiger Typ, nochmal einen Kopf größer als ich,
Rechtsfuß und Innenverteidiger.“ Und trotzdem, oder viel-leicht
auch genau deswegen, ist der Zusammenhalt unter
den Brüdern riesengroß.
Wekesser & Besuschkow: Enge Freunde
Dass Familie das Wichtigste ist, haben seine Eltern Wekes-ser
früh beigebracht. Beide Elternteile kommen gebürtig
aus Russland, die Mutter kam mit zehn nach Deutschland,
der Vater mit 17. Wekesser ist zweisprachig aufgewachsen.
Das verbindet ihn mit seinem Mitspieler Max Besuschkow.
Beide kennen sich schon sehr lange. „Seit wir zehn waren,
haben wir auf so ziemlich jedem Turnier gegeneinander
gespielt“, erinnert sich Wekesser. Er für Kaiserslautern,
Besuschkow im Trikot des VfB Stuttgart. Aufgrund der
gleichen Wurzeln haben sich auch die Eltern immer gut
verstanden, später standen Besuschkow und Wekesser ge-meinsam
für die deutsche Junioren-Nationalmannschaft
auf dem Platz, übrigens auch gemeinsam mit dem heuti-gen
Jahn Kapitän Benedikt Gimber. Auch Zimmernachbarn
waren sie bei den DFB-Spielen.
Als Wekesser frisch zum Jahn gewechselt war, bekam er eine
WhatsApp-Nachricht von Besuschkow: „Bist du gerade im
Hotel?“ Wekesser dachte, dass sich Besuschkow vertan und
die Nachricht falsch adressiert hat. Hatte er nicht. Und die
Aufklärung folgte in der nächsten Nachricht: „Ich habe gera-de
auch in Regensburg unterschrieben.“ Seit sie gemeinsam
für den Jahn spielen, hat sich die Freundschaft noch mehr
gefestigt. Beide wohnten lange im gleichen Haus in Wiesent,
Besuschkows Wohnung lag über der Wekessers. Für die
Fahrt zum Training haben sie sich abgewechselt. Inzwischen
Foto: Gatzka
wohnt Wekesser mit seiner Freundin aber in Tegernheim. Als
Max Besuschkow in der zurückliegenden Länderspielpause
geheiratet hat, war Wekesser sein Trauzeuge. „Das war mir
eine riesengroße Ehre“, sagt dieser.
Auf dem Platz geben sich die beiden die Anweisungen meist
auf Russisch. „Dann verstehen uns die Gegner nicht“, sagt
Wekesser und grinst. Auch fußballerisch sprechen die bei-den
eine Sprache und harmonieren gut. Sie sind zwei Eck-pfeiler
in der Jahnelf und haben einen wichtigen Beitrag zum
guten Saisonstart geleistet. „Wir sind im Training nochmal
zielstrebiger geworden, das zeigt sich auch in den Spielen“,
sagt Wekesser. Eine Saison wie die letzte, in der bis zum letz-ten
Spieltag um den Klassenerhalt gekämpft werden musste,
wollen sie nicht noch einmal in der Mannschaft. „Das war
letzte Saison schon unnötig. Diese Saison wollen wir einfach
so schnell wie möglich die nötigen Punkte für unser Ziel ein-fahren“,
gibt Wekesser die Marschroute vor.
Dafür sind auch die Fans ein wichtiger Faktor. Der Linksver-teidiger
ist durchaus ein Akteur, der in einem vollen Stadion
nochmal mehr gepusht wird. „Unser Ziel ist es immer, dass
wir unsere Fans mitreißen. Das können wir, wenn wir kämp-fen,
uns für jeden Ball aufopfern und niemals aufgeben.
Dann gehen die Fans mit und verleihen uns gerade zum Ende
eines Spiels nochmal zusätzliche Kräfte.“
Mit den Fans und speziell der Hans Jakob Tribüne verbin-det
Wekesser auch sein bis dato schönstes Erlebnis im Jahn
Trikot. Im Februar 2020 hat er vor der Tribüne der Jahnfans
per Linksschuss sein erstes Tor für den SSV Jahn erzielt, es
war das entscheidende beim 1:0-Heimsieg über den SV
Wehen Wiesbaden. „Es war mein erstes Tor für den Jahn,
mein erstes Profitor, meine Familie und mein Berater waren
im Stadion. Es war damals ein sehr wichtiges Spiel für uns,
das war ein tolles Gefühl“, erinnert er sich. „Das wird mein
schönstes Erlebnis bleiben.“