< Previous SPIELPLAN HinrundeRückrunde AUSGABE JANUAR 2024JAHNZEIT 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 H A H A H A H A H A H A H A H A H H A 1:1 2:1 0:0 1:1 2:1 0:0 1:2 1:0 2:0 4:2 2:1 2:1 2:1 1:0 2:0 1:0 3:2 1:1 2:2 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 A H A H A H A H A H A H A H A H A A H 2:1 Sa. 20.01.24 | 14 Uhr Mi. 24.01.24 | 19 Uhr Sa. 27.01.24 | 14 Uhr So. 04.02.24 | 19.30 Uhr Sa. 10.02.24 | 14 Uhr Sa. 17.02.24 | 14 Uhr Sa. 24.02.24 | 14 Uhr Sa. 02.03.24 | 14 Uhr Sa. 09.03.24 | 14 Uhr Sa. 16.03.24 | 14 Uhr 30./31.03.24 05.–07.04.24 12.–14.04.24 19.–21.04.24 26.–28.04.24 03.–05.05.24 10.–12.05.24 18.05.24 1112" Ich fordere von jedem Jahn Profi 100% Identifikation mit dem Verein" Zum Gespräch mit Achim Beierlorzer traf sich die Jahnzeit-Re- daktion in seinem Büro im Jahnstadion Regensburg. Dort plant und leitet er die sportlichen Geschicke des SSV Jahn seit dem 1. Juli 2023. Gerne ist er aber auch am Sportpark Kaulbach- weg, dem Trainingsgelände der Jahn Profis, und beobachtet die Trainingsleistungen seiner Spieler. Nach einer bewegten Trainerkarriere mit Engagements bei Greuther Fürth, RB Leip- zig, dem 1. FC Köln und dem FSV Mainz kehrte er nun in neuer Funktion zum Regensburger Drittligisten mit einem Rucksack voller spannender Erfahrungen zurück. Im ausführlichen Titel- Interview spricht er über jene Erlebnisse, die ihn prägten, sei- nen Weg in den Profifußball und die aktuelle Situation beim SSV Jahn Regensburg. Jahnzeit: Das Jahr 2023 liegt hinter uns: Welche Schulnote würdest Du ihm geben und wie kommst Du zu dieser Ent- scheidung? Beierlorzer: Hier muss ich differenzieren. Das erste halbe Jahr war für mich noch von der Freistellung von RB Leipzig geprägt. Wenn ich es auf das zweite Halbjahr beim SSV Jahn beziehe, dann ist das schon die Schulnote 1. Es ist uns ge- lungen, den Umbruch so zu bewältigen und ein tolles Team zusammenzustellen. Trotz alledem hatten wir einige große Herausforderungen zu stemmen und zu überstehen. Inso- fern kann ich behaupten, dass wir es durchaus "sehr gut" ge- macht haben. ACHIM BEIERLORZER 13Es war dein erstes Halbjahr als Geschäftsführer Sport beim SSV Jahn: Welches Fazit würdest Du über deine bisherige Zeit in dieser Position fällen? Die Aufgaben sind auf einer anderen Art und Weise viel- fältig geworden. Ich liebe es mit einer Fußballmannschaft zu arbeiten und etwas zu bewegen, deshalb bin ich Trainer geworden. Jetzt versuche ich, Entwicklungen auf einer an- deren Ebene voranzutreiben. Gemeinsam mit dem Trainer- team stellt man eine Mannschaft zusammen und möchte sie in unserer Spielphilosophie entwickeln. Deshalb bin ich auch sehr gerne nach Regensburg zurückgekommen, weil ich mich mit allen Facetten, die der Verein mit sich bringt, vollständig identifizieren kann. Ich kümmere mich beispiels- weise nicht mehr im Detail darum, welche Trainingseinheit mit welchen Übungen wann wichtig ist. Ich kümmere mich eher allgemein darum , dass die Bedingungen um die Mann- schaft herum optimal sind und dem Trainerteam die Arbeit erleichtert wird. Ich bin froh, dass ich sehr oft am Platz bin und Alles beobachten kann. Für den Gesamtüberblick ist es elementar, möglichst viele Eindrücke zu gewinnen. Auf die sportliche Situation geblickt: Ein großer Umbruch im Sommer, eine neue Liga mit vielen Ungewissheiten und eine gute Bilanz nach der Hinrunde. Wie erklärst Du Dir die positiven Entwicklungen der Halbserie? Abzusehen war diese Entwicklung nicht. Es wäre ver - messen gewesen, so etwas zu erwarten. Im Nachhinein glaube ich schon, dass der Umbruch im Sommer nötig ge- wesen ist. Für eine Mannschaft mit so vielen negativen Erfahrungen ist es schwierig, eine Liga tiefer wieder eine positive Energie zu entwickeln. Es ist sinnvoller, den Re- set-Knopf zu drücken und mit neuen Spielern zu starten. In diesem Zuge muss man aber auch an die verbliebenen Spieler denken, die noch Vertrag hatten und in die 3. Liga mitgegangen sind. Der Vertrag ist das eine, sich dann voll der Sache zu verpflichten und sich zum SSV Jahn zu beken- nen, ist eine andere. Das haben aber die verbliebenen fünf Spieler zu 100% gemacht. Am Ende war es zudem außer- ordentlich wichtig, dass wir die richtigen Charaktere dazu- geholt haben. Wir haben uns viele und intensive Gedanken gemacht, ob die Spieler, die wir holen wollen, zum SSV Jahn passen. Die Charaktereigenschaften der Spieler waren auch ein Faktor bei der schnellen Integration in das Mannschafts- gefüge. Unsere Herangehensweise war von Beginn an da- rauf ausgerichtet, ein Team zu formen. Da wir nun ein in- taktes Mannschaftsgefüge haben, muss jede Entscheidung wohlüberlegt sein. So gestaltet sich auch die Suche nach Neuzugängen. Nun gilt es den Trend mit in die Rückrunde zu transportie- ren. Worauf wird es ankommen? Wie bereitet Ihr Euch da- rauf vor? Prinzipiell ist es immer ratsam, auf sich selbst zu schauen. Wir gehen sehr kritisch mit unseren eigenen Leistungen um. Es " Ich liebe den Job mit einer Fußballmannschaft zu arbeiten und etwas zu bewegen" war nicht immer alles optimal und wir wissen, dass wir uns noch entwickeln müssen. Daran akribisch zu arbeiten, wird wichtig sein. Im ersten Testspiel des Jahres gegen Unterha- ching konnte man aber auch beobachten, dass nun eine an- dere Basis da ist. Zum Saisonstart legten wir den Fokus auf eine stabile Defensive. Die Jahn Spielphilosophie kam erst im 14 JAHNZEITAUSGABE JANUAR 2024Saisonverlauf immer mehr zum Tragen. Immer mehr erkennt man die Parameter auf dem Platz. Daran arbeiten wir weiter und wollen so die Wahrscheinlichkeit für Erfolg erhöhen. Die Autorität eines Mathe-Lehrers und die Nahbarkeit eines Sport-Lehrers. Beschreibt das auch deinen Führungsstil? Das kann man schon so beschreiben (schmunzelt). Auch wenn das natürlich eher den Klischees entspricht und ich meine Rolle als Mathelehrer etwas anders interpretiert habe. Viel mehr wollte ich Dienstleister für meine Schüler sein und so nahbar sein. Ich habe dennoch klare Vorstellungen davon, wie es laufen soll. Keinesfalls möchte ich dabei aber autori- tär auftreten, sondern versuche schon über die Nahbarkeit an die Menschen heranzutreten. Für mich ist das im Fußball entscheidend. Welche Dinge sind für dich nicht verhandelbar und müssen Voraussetzung eines jeden Jahn Spielers sein? Jeder Spieler, der zu uns kommt, muss wissen, dass wir als Verein eine klare Spielphilosophie haben. Das ist unverhan- delbar. Zudem möchte ich, dass sich alle zu hundert Prozent damit identifizieren, was sie tun. Das ist für mich auch im Leben wichtig. Schließlich ist natürlich das Engagement und der Einsatz wichtig. Das steckt im Vereinswert “Ambition”. Diese drei Aspekte – Spielphilosophie, Identifikation und Foto: Janne absoluter Einsatz – sind für mich nicht verhandelbar und gepaart mit Freude und Begeisterung machen sie den SSV Jahn stark. Was ist für Dich ein absolutes No-Go? Was ich als Geschäftsführer Sport aber auch im privaten Le- ben nicht leiden kann, sind Ego-Aktionen. Niemand darf sich über die Mannschaft und über den Verein stellen. Natürlich gehen für mich Unehrlichkeit und Rücksichtslosigkeit nicht in Ordnung. Für die Dinge, die passiert sind, einzustehen, ist immer der bessere Weg als etwas zu verschweigen. Außer- dem müssen wir mit unserem tollen Teamspirit achtsam um- gehen. Deine Rolle als Geschäftsführer Sport interpretierst Du mit einem engen Verhältnis zum Trainerteam und zur Mannschaft: Warum ist dir das so wichtig? Hast Du ähnli- ches bei deinen bisherigen Stationen erlebt? Zum einen bekomme ich Einblicke aus erster Hand mit. So kann ich gewisse Umstände besser beurteilen, als wenn man sie nur erzählt bekommt. Durch die Nähe zum Team bin ich aber immer für einen Rat zur Stelle und kann mich wenn nötig einbringen. Zudem liebe ich diesen Sport und möchte nah dabei sein. So kann ich Siege wie Niederlagen hautnah erleben. Das sind für mich die Aspekte, die den Fußball aus- machen. Als Spieler und Trainer habe ich es genossen und jetzt genieße ich es als sportlich Verantwortlicher. Chef-Trainer Joe Enochs kanntest Du bereits aus der ge- meinsamen Zeit beim Trainerlehrgang. Wie sieht die Zu- sammenarbeit mit ihm aus? Joe ist ein sehr offener und aufgeschlossener Mensch. Wir haben uns im Vorfeld intensiv ausgetauscht und abgespro- chen. Joe Enochs ist froh über jede weitere Perspektive, die er in seine Entscheidungen einbeziehen kann. Ich versuche zu helfen und Einschätzungen zu geben. In der Halbserie hatten wir gemeinsam tolle Momente erlebt. Ich denke hier an Siege nach Rückstand in Ingolstadt, in Halle oder in Unter- haching, aber auch an Last-Minute-Erfolge in München und Dresden, die eine Belohnung für unsere Arbeit dargestellt haben. Auf der anderen Seite ist uns bewusst, dass Spiele dabei waren, die uns alles abverlangt haben und durchaus auch anders hätten ausgehen können. Neben der Arbeit bei der Jahnelf: Was bereitet Dir an der Stelle des Geschäftsführer Sports am meisten Freude? Welche unentdeckten Talente konntest Du an Dir finden? Es macht mir Spaß, mich darum zu kümmern, wie ich die Ar- beit des Trainerteams weiter optimieren und ihnen optima- le Bedingungen bereitstellen kann. Natürlich gefällt es mir auch, an der Kaderplanung und -entwicklung zu arbeiten, mit Spielern Gespräche zu führen und weiterzuentwickeln. Hier gibt es noch viele Aufgaben, die wir noch vorantreiben und verbessern können. Sehr spannend ist aber auch die JAHNZEITAUSGABE JANUAR 2024 15Zusammenarbeit mit Philipp Hausner (kaufmännischer Geschäftsführer des SSV Jahn), wenn es beispielswei- se um die Lizenzierung oder die Erarbeitung des Bud- gets geht. Das sind Einblicke, die man als Trainer schwer gewinnen kann. Wie finanziere ich eine Fußballmann- schaft? Wie führe ich einen Verein? Wie entwickle ich den SSV Jahn weiter? Auch die Arbeit mit den Gremien und der Geschäftsstelle bereitet mir viel Freude. Wenn ich überlege, mit wie vielen tollen Menschen ich beim SSV Jahn zusammenarbeite, dann bin ich damit schon sehr zufrieden. Ich habe momentan eine hohe Jobzu- friedenheit (schmunzelt). Ein wichtiger Bestandteil ist es, mit Chef-Scout Ilija Dzepina den Kader zusammenzustellen. Welche Posi- tion möchtest Du mit welchen Spielertyp besetzen? Feststeht, dass wir uns nicht schlechter stellen wollen, als wir in die Saison gestartet sind. Leider hat sich Eric Hottmann einen Kreuzbandriss zugezogen und über den schmerzlichen Verlust von Agy Diawusie weiß auch jeder Bescheid. Das sind zwei Spieler, die uns sehr gut getan haben. Durch sie konnten wir mit Sicherheit das ein oder andere Spiel auf unsere Seite ziehen. Jetzt ha- ben wir in den letzten Spielen gezeigt, dass wir auch ohne die beiden erfolgreich sein können. Jedoch ha- ben wir das Ziel, die Saison bestmöglich abzuschließen. Deshalb sind wir schon aktiv auf der Suche nach neuen Spielern. Mit Erik Tallig haben wir bereits einen Spie- ler unter Vertrag nehmen können. Auf ihn müssen wir uns aber noch etwas gedulden, da er aus einer langen Verletzungspause kommt. In der Vorbereitung konnte er aber schon seine ersten Minuten im Jahn Trikot bestrei- ten. Ganz klar sind wir noch auf der Suche nach einem Stoßstürmer, der eine gewisse Schnelligkeit, aber auch Wucht und Ballsicherheit in unser Spiel bringt. Mit dem 23-Jährigen habt Ihr Anfang Januar bereits einen Mittelfeldspieler unter Vertrag nehmen können. Welche Qualitäten bringt Erik Tallig mit? Er ist ein technisch versierter Spieler, der in seinen jun- gen Jahren bereits über 100 Drittliga-Spiele absolviert hat und auf beiden Flügelpositionen einsetzbar ist. Er ist ein kleiner, wendiger und antrittsschneller Spieler, der durch seine Kombinationssicherheit immer wieder für Unruhe und durch seine Abschlüsse für Gefahr sor- gen kann. Jetzt müssen wir ihn in unser Spiel integrie- ren, sodass der nötige Tiefgang und das Bedrohen des gegnerischen Tores in seinem Spiel präsent ist. Das hat er bereits gegen Unterhaching angedeutet. Neben Neuzugängen unterzeichnete Jahn Identifikati- onsfigur Bene Saller Mitte Dezember einen neuen Ver- trag. Wie siehst Du seine Rolle in der Jahnelf? Bene ist schon lange hier beim SSV Jahn. Er kennt alle Gepflogenheiten und Verhältnisse hier. Insofern war ich Foto: Janne 16 JAHNZEITAUSGABE JANUAR 2024" Diese drei Aspekte – Spielphilosophie, Identifikation und absoluter Einsatz – sind für mich nicht verhandelbar und gepaart mit Freude und Begeisterung machen sie den SSV Jahn stark. sehr froh, dass er auch mit in die 3. Liga gegangen ist und nun seinen Vertrag langfristig verlängert hat. Bene identifiziert sich vollumfänglich mit diesem Verein und ist ein wichtiger Führungsspieler. Für mich war es von Anfang an klar, dass wir eine Vertragsverlängerung mit ihm anstreben. Diesen Weg ist er mitgegangen. Es ist ein Glücksfall, dass er nochmals verlängert hat und mit seinem Freund Andi Geipl und weiter für den SSV Jahn spielen wird. In deiner Zeit als Trainer beim SSV Jahn hast Du die Jahn Spielphilosophie mit weiterentwickelt. Warum passt sie so gut zu Dir und diesem Verein? Unsere Spielphilosophie ist ein ganz entscheidender Faktor für unseren Erfolg. Mit der Entwicklung dieser konnten wir immer wieder Spiele für uns entscheiden und erfolgreich agieren. Das ist ein Alleinstellungs- merkmal und vielleicht haben wir im Ligavergleich nicht auf allen Positionen die besten Spieler, aber wir haben ein festes Mannschaftsgefüge und eine klare Vor- stellung, wie wir als SSV Jahn Fußball spielen wollen. Als Trainer fängt man zu einem bestimmten Zeitpunkt damit an, sich eine Vorstellung von dem Fußball zu machen, den man sehen möchte. Mir gefällt der Fuß- ball, der in allen Phasen aktiv ist. Es gibt viele Philo- sophien, die alle ihre Wertigkeit haben. Ich möchte von meiner Mannschaft einen proaktiven Fußball sehen, der die Bälle früh und hoch zurückerobert und dann schnell Torabschlüsse herbeiführt. Was definitiv mit Erfolg einhergeht, ist die Häufigkeit von Abschlüssen. Deshalb bin ich auch kein Freund davon, lange den Ball hinten hin und her zu spielen. Meine Spielphilosophie habe ich bereits als Nachwuchstrainer bei Greuther Fürth für mich entdeckt und fortan weiterentwickelt. Sie passt sehr gut zu Regensburg – auch mit Blick auf die Werte des Vereins. Wenn wir sagen, dass wir glaubwür- dig sein wollen, ist es naheliegend, einen solchen ehr- lichen Fußball zu spielen. Es ist der Fußball, den man auf dem Bolzplatz beobachten kann. Dort wartet keiner, bis der Gegner fünf Passstafetten gespielt hat, sondern es geht sofort in die Attacke. In deiner Spielerkarriere hast Du Franken nicht einmal verlassen und warst unter anderem für den 1. FC Nürn- berg und die SpVgg Fürth aktiv. Was hat dich als Spieler ausgezeichnet? Die meisten Jahre bin ich als zentraler Mittelfeldspieler aufgelaufen und war auch jemand, der aggressiv vertei- digt und vorgedeckt hat. Prinzipiell ist es natürlich auch so, dass man sich dem Spielstil des Trainers angepasst hat. Als Typ war ich aber eher zweikampforientiert und eng am Mann. 17 JAHNZEITAUSGABE JANUAR 2024Geboren und aufgewachsen bist Du in einer fußballver- rückten Familie. Deine vier älteren Brüder Hubert, Wolf- gang, Günther und Bertram, der später auch für den FC Bayern München in der Bundesliga auflief, waren begeis- terte Fußballer. War der Weg für Dich damit schon früh vorgezeichnet? Man kommt nicht um den Fußball herum, aber es ist auch das schönste, was man in der Freizeitgestaltung machen kann. Damals gab es noch keinen Computer, keine Handys und kein Nachmittagsprogramm im Fernsehen. Das Nachmittagspro- gramm ist auf dem Fußballplatz passiert. Es gab nichts Schö- neres. Als die Sonne untergegangen ist, ist man heimgegan- gen. Natürlich war es eine kleine Extramotivation, wenn man einen Bruder hat, der in der Bundesliga gespielt hat. Seine ersten Profi-Jahre beim 1. FC Nürnberg zu beobach- ten hat mir viel Spaß gemacht. Später wollte ich meinem Bruder nacheifern und bin zum Club gewechselt. Auch wenn es für mich nur zum Drittligafußballer gereicht hat, habe ich meine aktive Zeit als Spieler voll genossen. Nach einem Knorpelschaden im Knie musstest Du deine aktive Karriere beenden. War für dich sofort klar, dass Du als Trainer weitermachen willst? Hast Du damals geahnt, welche Ausmaße das im Verlauf deiner Karriere annehmen sollte? Nein, zu diesem Zeitpunkt konnte ich das nicht absehen. Damals war ich bereits als Lehrer tätig und habe nach mei- ner Verletzung bei Schwabach direkt den Trainerjob in der vierten Liga übernommen. Ich war noch ein junger Lehrer, der bald seinen ersten Leistungskurs übernehmen durfte. Damals war noch nicht abzusehen, dass ich meine Trainer- tätigkeit irgendwann zum Beruf machen kann, sondern mein Beruf war Lehrer. Von 1998 bis 2013, also 15 Jahre, habe ich diesen auch ausgeübt. Ich wollte schon immer beim Fuß- ball bleiben, weil es ein fantastischer Sport ist. Über sieben Jahre habe ich dann einen Kreisligisten trainiert. Es war da- mals der perfekte Ausgleich zum Lehrerjob. Rauskommen, zusammen auf dem Platz trainieren, gemeinsam in der Kabi- ne sitzen und diese Gemeinschaft zu erleben, war mir schon immer wichtig. Ein genauer Plan war damals aber noch nicht dahinter. Der war auch in den Jahren im Nachwuchsbereich von Greuther Fürth noch nicht ausgereift. Mit der Ausbildung zum Fußballlehrer hat sich dann alles verändert. Die Ausbil- dung wollte ich proaktiv machen, weil ich die bestmögliche Ausbildung haben wollte. Daraus ist eine Eigendynamik ent- standen, die ich so nie erwartet hätte. Als Trainer-Rohdiamant beorderte Dich in der Saison 2014/15 RB-Sportdirektor Ralf Rangnick als Interimstrai- ner und Nachfolger von Alexander Zorniger. Wie hast Du von dieser Entscheidung erfahren? Was ging zu diesem Zeitpunkt in Dir vor? Hast Du es Dir sofort zugetraut, das ausgegebene Ziel “Aufstieg in die Bundesliga” zu errei- chen? Schließlich stand Leipzig zu diesem Zeitpunkt auf Platz 8. Zu dem Zeitpunkt, als ich übernommen habe, war dieses Ziel nicht mehr so präsent, sondern es ging darum, bestmöglich abzuschließen. Wir waren auch bis vier Spieltage vor Schluss noch an den Aufstiegsplätzen dran. Ich bin damals nach Leip- zig gegangen, weil sie mir die Möglichkeit geboten haben, " Unsere Spielphilosophie ist ein ganz entscheidender Faktor für unseren Erfolg." Foto: Janne 18 JAHNZEITAUSGABE JANUAR 2024Fußball als Vollzeit-Job und Fußball pur zu leben. Ralf Rang- nick hat damals zu mir gesagt, dass er mir nach einem hal- ben Jahr mitteilen wird, ob ich das Zeug für den Profifußball habe oder nicht. Darüber haben wir dann zwar nicht mehr konkret gesprochen, aber er hat mich dann zum Chef-Trainer gemacht. Seine Expertise fand ich sehr spannend. Mit einem Zwei-Jahres-Vertrag hat alles begonnen. Zur Lehrertätigkeit konnte ich jederzeit zurückkehren, da ich nur beurlaubt war. Der Schritt nach Leipzig hat für mich vieles bewegt. Im Folgejahr bist Du als Co-Trainer von Ralf Rangnick in die Bundesliga aufgestiegen und zusätzlich als Chef-Trai- ner der U19 und Sportlicher Leiter für den Bereich U16 bis U23 aktiv. Was nimmst Du aus dieser Zeit mit? Welche Er- fahrungen haben dich bis heute geprägt und spiegeln sich auch in deiner aktuellen Tätigkeit wider? Es war arbeiten auf einem absolutem Top-Niveau. Wir wa- ren im Trainerteam zwei Co-Trainer. Zusammen mit Zsolt Löw, der jetzt Co-Trainer von Thomas Tuchel ist, bekamen wir viele Freiheiten und konnten das Training intensiv pla- nen. Auch in diesem Jahr konnte ich viel mitnehmen. Der Aufstieg in die Bundesliga hat in einer Stadt wie Leipzig viel entfacht und war ein großer Erfolg. Es war ein tolles Jahr. Schade war natürlich, dass im Sommer ein neuer Trai- ner geplant war. So war für mich klar, dass ich wieder einen anderen Schritt gehen werde. Als sportlicher Verantwortli- cher, eine ähnliche Position wie gegenwärtig, bin ich dann im Nachwuchsleistungszentrum des Bundesligisten unter- wegs gewesen. Es gab viele Gespräche mit Beratern und Spielern über Entwicklung und Neuverpflichtungen. Es war eine spannende Tätigkeit. Ich weiß noch, dass wir damals nach Paris gefahren sind, um Jadon Sancho zu beobachten und dann zu verpflichten. Er hat sich schließlich Borussia Dortmund angeschlossen. Es waren viele einprägsame Ge- schichten dabei. Auf der anderen Seite war ich dann sehr glücklich darüber, dass mich Christian Keller angerufen und mir die Möglichkeit gegeben hat, Chef-Trainer einer Zweit- ligamannschaft zu werden. Du hast die Nachfolge des eher überraschend abgewander- ten Aufstiegstrainers Heiko Herrlich übernommen. Was hat dich vom Wechsel 2017 zum SSV Jahn überzeugt? Wirklich etwas überzeugen musste mich nichts. Ich war 2014 bereits in Verhandlungen mit dem SSV Jahn, damals noch in der 3. Liga. Das hat sich aber nicht darstellen lassen. Ich habe mich sehr gefreut, als Christian Keller mir 2017 dann den Trainerposten beim Jahn angeboten hat. Ich woll- te unbedingt noch einmal als Chef-Trainer eine Mannschaft in der 2. Liga trainieren, weiterentwickeln und zum Erfolg führen. Du hast eine Mannschaft mit einem gewissen Gerüst über- nommen. Kann man überhaupt Parallelen zur gegenwärti- gen Kaderzusammenstellung ziehen? Das kann man nicht vergleichen. Wir hatten damals eine ge- wachsene Mannschaft, die gemeinsam aufgestiegen ist und voller Tatendrang war. Alle wollten beweisen, dass sie auch auf Zweitliga-Niveau bestehen können. In der laufenden Sai- son mussten wir komplett neu aufbauen und einen enormen Umbruch bewältigen. Wir haben zwar aktiv nach Spielern ge- sucht, die diese Energie in sich tragen und sich einbringen, was uns gelungen ist, aber das steckt alles noch in einem Prozess. Damals 2017 kann ich mich noch genau an unser erstes Spiel in der 2. Bundesliga erinnern. Gegen Arminia Bielefeld mussten wir uns erst einmal schütteln, mit welcher Geschwindigkeit und Intensität wir uns auseinandersetzen mussten. Nach 20 Minuten haben wir es adaptiert und ein tolles Spiel gemacht. Durch eine Last-Minute-Aktion haben wir schließlich knapp verloren, aber trotzdem war es ein sehr guter Auftakt. Foto: Haupt JAHNZEITAUSGABE JANUAR 2024 19Next >