< PreviousPositiv durch eine schwere Zeit Kreuzbandriss, Innenbandriss, Meniskus beschädigt. Oscar Schönfelder hat sich am Ende der Vorbereitung schwer verletzt. Wie er durch die Reha kommt und dabei dennoch positiv bleibt – die Jahnzeit hat ihn begleitet. JAHNZEIT10AUSGABE SEPTEMBER 2022Der wohl schlimmste Moment, den man sich als Fußballer vorstellen kann, lag nur wenige Stunden zurück. In einer Si- tuation, in der andere mit dem Schicksal hadern, alles verflu- chen oder weinen würden, da war Oscar Schönfelder schon wieder positiv. So positiv, dass Tobias Rutzinger selbst über- rascht davon war. „Das hat mir wirklich imponiert, wie schnell Oscar den Blick wieder nach vorne geworfen hat, wie schnell er in einer schweren Situation wieder positiv war“, sagt der Physiotherapeut des SSV Jahn. Schönfelder hatte sich schwer am Knie verletzt. In der Sommerpause war Schönfelder per Leihe vom Bun- desliga-Aufsteiger SV Werder Bremen in die Oberpfalz ge- wechselt – mit großen Hoffnungen. Nachdem die Spielzeit in Bremen vergangene Saison erst in Ordnung war, aber dann immer weniger wurde, wollte er in Regensburg konstant auf Zweitliga-Niveau spielen. Als sich die Vorbereitung dem Ende zuneigte, konnte man in Schönfelder durchaus einen der Ge- winner eben dieser sehen. Er rückte von der offensiven Mit- telfeldposition auf die Linksverteidigerposition und machte dort seine Sache durchaus gut und hatte das Startelfdebüt vor Augen. Es folgte in der vorletzten Woche der Vorbereitung ein unglücklicher Zweikampf im Training in einer engen Spiel- form. Schönfelder stand auf seinem rechten Fuß, das Knie drückte sich nach innen und sprang dann wieder nach außen. „Bei dem Schwung, mit dem das Knie wieder nach außen ge- sprungen ist, war mir sofort klar, dass etwas Schlimmeres pas- siert sein muss“, erinnert er sich. Schönfelder schrie auf dem Platz. Warum, weiß er heute nicht mehr genau. „Weh getan hat es im ersten Moment nicht“, sagt er. Vermutlich war es der Schock. Rutzinger kam auf den Platz und führte noch am Trainingsgelände die erste Untersuchung durch. Die Erstdiagnose ließ ihn an diesem 5. Juli schon nichts Gutes erahnen: Da ist etwas kaputt. Ab ins Auto und zu Mann- schaftsarzt Dr. Andreas Harlass-Neuking in die Praxis. Die nä- heren Untersuchungen bestätigen den Anfangsverdacht. Das Kreuzband? Durch! Das Innenband? Durch! Der Meniskus? Ebenfalls beschädigt. Korbhenkelriss im Meniskus lautet die genaue Bezeichnung. Rund eine Woche später wird Schön- felder in Augsburg operiert. Der lange Weg zurück beginnt. In Behandlung bei Klaus Eder: „Wenn’s weh tut, darfst mich schimpfen“ Ein Donnerstag Mitte August, die Operation liegt 29 Tage zurück. Schönfelder steht gegen 10 Uhr in seiner Wohnung nahe der Regensburger Innenstadt zur Abholung bereit. Sei- ne Katze bleibt daheim, während es für ihn, mal wieder, nach Donaustauf geht. Zu diesem Zeitpunkt braucht Schönfelder noch Hilfe beim Einstei- gen ins Auto und beim Aussteigen. Um halb 11 beginnt die Arbeit in Do- naustauf. Klaus Eder, der langjährige Physiotherapeut der Fußball-Natio- nalmannschaft, ist es an diesem Tag selbst, der sich Schönfelder und des- sen Knie genau anschaut. „Wenn’s weh tut, darfst mich schimpfen“, sagt Eder. Schönfelder schimpft nicht, sei- nem Gesicht nach zu urteilen sind die Bewegungen, die Eder mit sei- nem Knie durchführt, aber zumindest an der Grenze des Wehtuns. Eder zeigt sich zufrieden mit dem Verlauf der ersten Reha-Wochen und mit der Heilung der Narben. Nach einer halben Stunde ist Klaus Eder fertig, bleiben knapp 20 Minu- ten bis zur nächsten Physio-Behandlung. Die Wege dort sind zwar kurz, mit Krücken und ohne Treppen steigen zu können, sieht die Welt aber etwas anders aus. Es sind diese Kleinig- keiten, mal schnell von A nach B zu kommen oder nachts eine schmerzfreie Schlafposition zu finden, über die sich ein ge- sunder Mensch kaum Gedanken macht, die Schönfelder nun aber vor Probleme stellen. „Man lernt die einfachen Dinge viel mehr zu schätzen“, sagt er. 12JAHNZEITAUSGABE SEPTEMBER 2022entwickelt. Dass Seidel viel am Rücken macht, wirkt auf den ersten Blick verwunderlich. „Aber das ist ein oft gemachter Fehler, dass nur die verletzte Stelle behandelt wird und der Körper nicht ganzheitlich gesehen wird“, erklärt er. Schließ- lich würden im Rückenmark ja alle Nerven zusammenlaufen. Seidel und Schönfelder verstehen sich blendend, scherzen und lachen miteinander. Ablenkung tut gut. Fortschritte spürbar Es läuft der zweite Monat der Reha, eine Phase, die Schön- felder noch relativ leichtfällt. Er merkt Fortschritte, mindes- tens wöchentlich, oft sogar täglich. „Das Knie ist inzwischen stark abgeschwollen, am meisten merkt man die Fortschritte in der Beweglichkeit, bei der Beugung und Streckung“, zählt er auf. „Dass es immer ein bisschen einfacher geht, immer ein bisschen mehr möglich ist, ist motivierend und zeigt, dass es vorangeht.“ Rund zwei Wochen später wird er die Krücken ab- legen, in der insgesamt siebten Woche nach der OP. Wäre nur das Kreuzband beschädigt gewesen, hätte der Schritt schon deutlich früher erfolgen können, doch der Meniskus zögert es hinaus. Der Umfang seiner Wade und seines Oberschenkels haben seit der Verletzung bereits an Umfang eingebüßt. Im- mer wieder zeigt Schönfelder fast ungläubig, wie dünn sein rechtes Bein im Vergleich zum linken ist. Die Muskulatur gilt es in den nächsten Wochen konsequent wiederaufzubauen. Schönfelder setzt sich kleine Ziele, realistische Ziele. Und freut sich, wenn sie erreicht werden. Ein erster Schritt war die gelungene OP. Die größten Schmerzen hatte er in der Woche nach der OP, inzwischen tut es nur noch punktuell weh, wenn er das Knie belastet. „Aber das ist ja auch ein gutes Zeichen, dass im Knie etwas passiert. Ganz ohne Schmerzen geht es nicht“, sagt Schönfelder. Ein nächster Schritt war, als die Fäden herauskamen. Dann konnte im Zwei-Wochen-Rhythmus die Schiene immer ein bisschen strecknäher eingestellt werden. Mit dem Aufzug geht es ins Erdgeschoss, dort steht ein Küh- lungsgerät, das so kalt bläst, dass es an der Hand nach einiger Zeit richtig weh tut. Damit kühlt Schönfelder sein Knie. „So ein Gerät könnte ich daheim auch gut gebrauchen“, scherzt er. Nach dreieinhalb Minuten Kühlung rafft er sich wieder auf, zweimal ums Eck ins Behandlungszimmer von Michael Seidel, dem Physio, der sich beim SSV Jahn an Spieltagen meist um die U21-Spieler kümmert. „Bei Klaus Eder hat es nicht so weh getan, aber bei Mitch ist es immer schmerzhaft“, sagt Schönfelder schon im Voraus und lacht. Schönfelder verzieht das Gesicht, mal entweicht ihm ein Zischen. Aber er jammert nicht und lächelt die Schmerzen einfach weg. Auch Michael Seidel ist zufrieden damit, wie sich das Knie Zahlreiche Physio-Behandlungen stehen derzeit bei Oscar Schönfelder auf dem Plan, etwa bei Jahn Physio Tobias Rutzinger (links unten), Klaus Eder (links oben) oder Michael Seidel. Fortsetzung auf Seite 16 13JAHNZEITAUSGABE SEPTEMBER 2022Andreas, oft wird bei einem Kreuzbandriss von der Horror- Verletzung für einen Fußballer gesprochen. Stimmst du dem zu? Nein, dem stimme ich nicht zu. Die modernen Versorgungs- möglichkeiten sind so ausgefeilt, dass so eine Verletzung zwar einen langen Zeitaufwand mit sich bringt, bis der Spieler wie- der zur alten Stärke findet, aber die Allermeisten schaffen es wieder, auf ihr altes Leistungslevel zu kommen. Im Fall von Oscar Schönfelder ist nicht nur das Kreuzband gerissen. Was macht seine Verletzung schwierig? Bei Oscar ist die Verletzung schon sehr ausgeprägt. Neben dem vorderen Kreuzband lagen leider auch Verletzungen am Innenband und am Außenmeniskus vor, die ebenfalls operativ behandelt werden mussten. Der Verlauf ist bislang so positiv, dass er diese etwas erweiterte Verletzung sicher gut wegste- cken wird. Wie sah die Behandlung bei ihm genau aus? Bei einem Leistungsfußballer ist es Standard, dass ein gerisse- nes vorderes Kreuzband operiert wird. Zusätzlich mussten in der gleichen operativen Sitzung das deutlich lädierte Innen- band und auch der gerissene Außenmeniskus mit einer Naht versorgt werden. Insofern war der operative Aufwand etwas höher, aber es ist am Ende ein gutes Ergebnis zu erwarten, weil sowohl der Verlauf der OP als auch der postoperative Ver- lauf bislang optimal waren. Wird das Knie nach einer Kreuzbandverletzung wieder so stabil wie zuvor, oder bleibt nach so einer Verletzung etwas zurück? Es muss keinesfalls etwas zurückbleiben. Die betroffenen Spieler müssen nur intensiv und lange an der Koordination, das heißt an den motorischen Abläufen, die im Fußball er- forderlich sind, arbeiten. Dadurch können sie, wenn die Reha gut und zielgerichtet verläuft, jederzeit wieder auf den alten Leistungsstand zurückkommen. Obwohl Verletzungen am vorderen Kreuzband nach wie vor als schwere Verletzungen einzustufen sind, kann mit den modernen Versorgungsmög- lichkeiten der alte Leistungsstand sehr häufig wieder erreicht werden. Bei Oscar ist der Verlauf bislang so, dass wir das er- freulicherweise auch erwarten dürfen. Wie schwer ist für dich der Moment, wenn du einem Spieler eine solch schwere Diagnose übermitteln musst? Durch den vorbehandelnden Physiotherapeuten Tobias Rut- zinger wurde schon die Vermutung einer schweren Knieverlet- zung gestellt, der Verdacht hat sich bei der ersten Versuchung Foto: Photo-Studio Büttner Mannschaftsarzt des SSV Jahn Dr. Andreas Harlass-Neuking im Interview bei mir erhärtet. Deshalb war Oscar schon darauf vorbereitet. Als durch die Kernspintomographie dann die Bestätigung er- folgte, hat er es schon gefasst aufgenommen. Er hat sofort ge- dacht, dass es ab diesem Moment nur noch in eine Richtung geht, nämlich nach vorne. Wie wichtig ist eine positive Einstellung wie sie Oscar an den Tag legt? Aus meiner jahrelangen Erfahrung kann ich feststellen, dass eine positive Einstellung und das Akzeptieren, dass so eine Verletzung vorliegt, helfen, um seine ganze Energie und Kon- zentration darauf zu legen, dass zunächst die operative Ver- sorgung und dann auch der Reha-Prozess geordnet, aber nicht übereilt starten. Wenn man das positiv annimmt, hat es am Ende immer einen großen Einfluss auf den ganzen Verlauf ge- nommen. Unter welchen Voraussetzungen hebst du den Daumen, dass Oscar wieder ins Mannschaftstraining einsteigen kann? Wir schalten die Trainings-Ampel auf Grün, wenn mechanisch eine ausreichende Stabilität am operierten Gelenk vorliegt, das heißt, dass die operierten Strukturen wieder einen festen und ausreichenden Halt für Leistungssport bieten. Und wenn, auch das ist ganz wichtig, beim Patienten die koordinativen Fähigkeiten wiedererlangt sind. Nach so einer schweren Ver- letzung ist ganz entscheidend, dass die Bewegungsabläufe und motorischen Prozesse, die man im Leistungssport in je- der Sekunde benötigt, wieder funktionieren. Der Spieler muss sich wieder zu 100 Prozent auf seinen Körper verlassen kön- nen. Gerade die Wiedererlangung der koordinativen Fähig- keiten benötigt viel Zeit, das erarbeitet man in der Physiothe- rapie und mit den Reha-Trainern parallel zur Ausheilung der eigentlichen Verletzung. Wenn die beiden Sachen gegeben sind, dann gibt es grünes Licht. fr JAHNZEIT15AUSGABE SEPTEMBER 2022Die positive Einstellung Schönfelders heben viele im Umfeld hervor. So auch Mersad Selimbegovic. Der Jahn Chef-Trainer hat mit Schönfelder mitgefühlt, wie viele andere auch. Auch aus Bremen hat er viele Nachrichten bekommen, von Mitspielern, vom Co-Trainerteam, von Clemens Fritz, dem Leiter des Lizenz- bereichs der Bremer. „Es ist schwer, so eine Verletzung zu er- leben“, sagt Selimbegovic. „Du bist ausgeliehen, nimmst dir viel vor, gibst in der Vorbereitung Gas und bist einer der auffälligs- ten Spieler. Und dann bist du erst einmal lange raus.“ Doch wie Schönfelder damit umgeht, imponiert dem Coach: „Ich bin stolz, wie er damit umgeht. Er ist sehr positiv und blickt optimistisch nach vorne.“ Alle im Verein würden für Schönfelder da sein, sagt Selimbegovic. „Aber viel braucht Oscar ohnehin nicht an Zu- spruch.“ Teilweise sei es sogar so, dass Schönfelder selbst posi- tive Energie versprühe und Spielern Kraft gebe, die sich über Nebensächlichkeiten ärgerten. Selimbegovic ist „überzeugt, dass ihm diese positive Einstellung auch beim Heilungsverlauf und auf dem Weg zurück auf den Platz helfen wird.“ Schön- felder sei „für sein Alter erstaunlich weit. Wie er mit der Ver- letzung und der Situation umgeht, davon können viele lernen.“ Der etwas andere Zweikampf Roger Stilz, Geschäftsführer Sport des SSV Jahn, findet ein pas- sendes Bild zur Situation Schönfelders: „Oscar ist ein sehr ehr- geiziger Spieler, ist auf dem Platz stets nach vorne gerichtet und jemand, der mutig ist und keinen Zweikampf scheut. Jetzt hat er einen Zweikampf mit sich selbst beziehungsweise seinem Knie. Er geht das richtig gut an. So eine Reha ist ein langer Weg, aber so wie ich Oscar wahrnehme, bin ich davon überzeugt, dass er diesen Weg gut und erfolgreich bestreiten wird.“ Was Selimbegovic ebenfalls gefällt, ist, wie sich Schönfelder trotz der Verletzung in die Mannschaft integriert. Mehrmals die Woche schaut er am Trainingsgelände vorbei, nicht nur wegen der Behandlung bei Tobias Rutzinger und den anderen Jahn Physios. Sondern auch, weil ihm der Kontakt zur Mannschaft wichtig ist. Bei den Spielen ist er nah dran am Team, nach den Heimspielen mit auf dem Platz und dann in den Katakomben. Weil er sich beim Jahn so gut aufgenommen gefühlt hat und die Chemie sofort passte, war es nach kurzer Überlegung für Schönfelder auch keine wirkliche Frage, dass er seine Reha in Regensburg machen und sich hier zurückkämpfen will. „Hier passt alles für mich und ich fühle mich super wohl“, sagt er. Das ist auch für Roger Stilz wichtig. Der Verein unterstütze Schönfelder, wo es möglich sei: „Zum einen durch das me- dizinische Angebot“, sagt er. „Wir haben hier in der medizi- nischen Betreuung sehr gute Voraussetzungen, sodass man sich als Spieler gut aufgehoben fühlt. Das ist wichtig, dass man Vertrauen in die handelnden Personen hat.“ Deshalb freut sich Stilz auch, dass Schönfelder schnell geäußert hat, alles rund um die Reha in Regensburg absolvieren zu wollen. Zum anderen sei da aber auch der Draht zur Mannschaft, der nicht verloren geht: „Als Spieler hat man in so einer Phase sehr viele Tage mit sich selbst zu tun. Da ist es ganz wichtig, dass er weiterhin fester Bestandteil der Mannschaft ist. Sei es bei gemeinsamen Essensterminen, bei einem Trainingsbe- such oder bei den Spielen im Stadion. Ich finde es wichtig, dass Oscar bei solchen Anlässen bei der Mannschaft dabei ist“, betont Stilz. Von draußen mit dabei Auch wenn es wehtut, die Spiele von draußen anschauen zu müssen. „Es ist schon hart, wenn man zum Beispiel beim Pokalspiel gegen Köln, bei einem einfach perfekten Fußball- tag mit geiler Stimmung und tollem Wetter, nur von draußen zuschauen kann“, blickt Schönfelder zurück. Und auch wenn er nicht auf dem Platz steht, ist er voll dabei: „Die Jungs kann man auch als verletzter Spieler unterstützen“, sagt er und be- tont: „Ich freue mich unheimlich über jeden Punkt, den der Jahn holt. Über jeden Punkt, den wir holen.“ In den ersten Wochen nach der Verletzung war seine Mutter zu Besuch und hat sich um ihn gekümmert, zudem studieren ein paar Freunde von ihm in Regensburg, auch zu den Mitspie- lern hat er schnell einen guten Draht gefunden. Somit hatte er viel Unterstützung, um durch die schweren ersten Tage zu kommen – mental wie in alltäglichen Fragen, die auf Krücken schwerer zu lösen sind als ohne. Foto: Gatzka 16JAHNZEITAUSGABE SEPTEMBER 2022Foto: Gatzka 17JAHNZEITAUSGABE SEPTEMBER 2022Zurück in Donaustauf. Die Behandlung bei Michael Seidel ist vorbei und das Knie wurde wieder eine Runde gekühlt. Schön- felder sitzt auf einer Liege. Mit der rechten Hand und einem Tuch wischt er sich über die rechte Gesichtshälfte, mit der an- deren arbeitet er am rechten Knie. Später schaut er auf das Handydisplay, auf dem weiße und schwarze Streifen vorbei- laufen und fährt mit der rechten Hand eine Acht nach. „Das sieht ganz schön bescheuert aus, oder?“, fragt Schönfelder. Sieht es. Aber dem Fußballer ist das egal, er weiß wofür es gut ist. Auch das zeichnet ihn aus. Er macht nicht einfach, was ihm vorgegeben wird. „Mir wurde genau erklärt, welcher Sinn dahinter steckt“, sagt Schönfelder, während er die Übungen weitermacht. „Warum ist das so?“, hört man ihn in diesen Ta- gen häufig fragen bei der Behandlung mit den Physios. Schön- felder ist neugierig und will wissen, was warum gemacht wird, damit er schnell wieder auf die Beine kommt. 18JAHNZEITAUSGABE SEPTEMBER 2022Nur nicht den Humor verlieren Dann setzt sich Schönfelder auf einen Stuhl für isokine- tisches Training. Sein rechtes Bein wird befestigt und die Maschine bewegt es. Es wird gestreckt, gebeugt, gestreckt, gebeugt. Der Streckungswinkel hat sich dabei in den ver- gangenen Wochen stetig erhöht, ganz durchstrecken kann Schönfelder sein Knie aber noch nicht. Auch diese Steige- rung des Winkels ist für ihn ein Zeichen, dass es vorwärts- geht. Beim Ablauf wechselt Schönfelder ab, mal hilft er selbst mit, mal lässt er die Maschine alleine arbeiten. Und während die Übung läuft, hat er noch die Zeit, sich über die Musikaus- wahl im Raum zu amüsieren. Nur nicht den Humor verlieren. Inzwischen kann Schönfelder zumindest wieder auf bei- den Beinen stehen. Die Krücken sind weg. „Nun können wir noch besser mobilisieren. Es ist wichtig, dass das Bein voll in die Streckung und Beugung kommt, dass die Mobilität im Knie zunimmt“, sagt Tobias Rutzinger. In der Reha kön- ne Schönfelder nun bald als nächsten Schritt ans Alter-G gehen, das ist ein Schwerelos-Laufband, auf dem er mit ganz wenig Belastung aufs Kniegelenk wieder erste Läufe absolvieren kann. Auch die Zeit, die er dann in der Reha verbringt, wird sich steigern. Aktuell ist er zwei bis drei Mal pro Woche zur Behandlung bei Tobias Rutzinger. Lymphdai- nage, Ohrakkupunktur und Mobilisierung des Knies stehen hier an. Zudem geht es von Montag bis Freitag jeden Tag zur Reha nach Donaustauf, wo zwischen drei und vier Stunden gearbeitet wird. Schönfelder: „Setze mich nicht unter Druck“ Etwas komplizierter ist der Fall, weil es nicht nur das Kreuz- band erwischt hat. Der eingerissene Meniskus verhindert, dass Schönfelder früher in die Vollbelastung gehen konnte. Doch da man bei Kreuzbandverletzungen im Schnitt ohnehin mit mehreren Monaten Ausfallzeit rechnet, bis der Spieler zu- rück in den Wettkampf kann, geht Rutzinger davon aus, dass die Meniskusverletzung den Gesamtverlauf nicht hinauszö- gert: „Wir machen am Anfang langsamer, aber das können wir hinten hinaus wieder aufholen.“ Schönfelder selbst setzt sich ohnehin kein genaues Datum als Ziel. „Wenn ich mir ein Ziel setzen würde und es nicht erreicht wird, dann ist es nur mit einer Enttäuschung verbunden“, sagt er. Wichtig sei, gerade für ihn als noch junger Spieler, dass er wieder zu 100 Prozent fit werde und keine Folgeverletzung riskiere, weil er zu früh wieder einsteige. „Ich nehme mir die Zeit, die ich brauche und setzte mich da nicht unter Druck.“ Allgemein lasse ihn die- se Verletzung reifen. Schön wäre es, sagt er aber, wenn er im Laufe der Rückrunde für den Jahn noch zum Einsatz kommen könnte. Denn das ist es, was er am meisten vermisst: gemein- sam mit der Mannschaft auf dem Platz zu stehen. 19JAHNZEITAUSGABE SEPTEMBER 2022Next >